3. Februar 2017

Franz Berwald (1796-1868): Klaviertrios - Volume 1 und 2

Schwedens Musikleben kümmerte im frühen 19. Jahrhundert vor sich hin und erreichte selbst in der Hauptstadt Stockholm nur provinzielle Ausmaße. Vorbei war die Blütezeit der Künste unter Gustav III, dessen Sohn Gustav IV. Adolphus nicht das geringste Interesse an der Förderung der Musik zeigte. Das Land hatte damals kaum eine eigene sinfonische Tradition, und sein Publikum akzeptierte Orchestermusik nur dann, wenn sie von ausländischen Komponisten stammte. Folglich beschränkten sich die meisten schwedischen Komponisten auf kleinere Genres, etwa Lieder, Klaviermusik oder Kammermusik, die nicht für die Konzertbühne sondern für die Wohnzimmer der gebildeten Mittelklasse bestimmt war. Im rückständigen Klima dieses Landes gedieh dementsprechend viel gefallige und oft anspruchslose Musik.

Unter diesen Umständen verwundert es nicht, daß Franz Berwald in seiner Heimat Schweden zu Lebzeiten verkannt wurde. Ein innovativer Komponist, der sich in seinem musikalischen Instinkt keinen äußeren Zwängen beugte und in erster Linie Orchestermusik hervorbrachte, steht er heute hingegen zweifelsfrei als die musikalische Leuchtfigur im Schweden des 19. Jahrhunderts dar. Für viele wird er immer der bedeutendste Komponist bleiben, den sein Heimatland hervorgebracht hat.

Im Jahre 1796 in Stockholm als Sohn einer deutschstämmigen Familie geboren, fühlte sich Berwald in den musikalischen Kreisen seines Heimatlandes mit ihren antiquierten Vorstellungen verständlicherweise nicht wohl. Daher zog er mit 33 Jahren nach Berlin. Er konnte sich jedoch als freischaffender Musiker finanziell nicht behaupten und arbeitete statt dessen als orthopädischer Chirurg. In diesem Beruf war er erfolgreich und unterhielt ab 1835 seine eigene Praxis. In seiner Freizeit komponierte er, obwohl in diesen Jahren kaum vollständige Werke entstanden. Im Frühjahr 1841 verkaufte er seine Praxis und zog nach Wien. Die neue Stadt zeigte ein größeres Interesse an seiner Musik, und obwohl er nur ein Jahr in Wien lebte, schrieb er dort mehrere große Werke, etwa zwei Sinfonien. Die überraschend freundliche Aufnahme in dieser kosmopolitischen Stadt ermutigte Berwald so sehr, daß er zu hoffen wagte, auch Schweden wäre nach 13-jähriger Abwesenheit bereit für seine Musik. Im April 1842 kam er mit Taschen voller neuer Manuskripte in Stockholm an.

Hier war die Enttäuschung allerdings groß. Schwedens Musikszene hatte sich während seiner Abwesenheit kaum verändert und erschien Berwald, der das reiche Konzertleben des Kontinents gewohnt war, um so provinzieller. Die wenigen Werke, die er aufführen konnte, wurden als einfallslos oder exzentrisch abgetan. […] Im Jahre 1846 ging Berwald auf eine Auslandsreise, die ihn nach Paris, Süddeutschland, Salzburg und Wien führte. Er wurde überall mit offenen Armen empfangen, vor allem in Wien, wo er zum Ehrenmitglied des Mozarteums ernannt wurde.

Geldnot zwang ihn zur Rückkehr nach Schweden, wo er sich 1849 dauerhaft niederließ. Die folgenden Jahre betrieb er eine Glasfabrik im Norden des Landes, verbrachte aber dennoch die Winter in Stockholm, wo er an kammermusikalischen Vorführungen in den Salons der musikliebenden Familien teilnahm.

In dieser Zeit begann er, sich fast ausschließlich der Kammermusik zu widmen. Zwei Klavierquintette, zwei Streichquartette, drei Klaviertrios sowie Sonaten für Violine oder Cello und Klavier entstanden in den zehn Jahren nach seiner Rückkehr. Größtenteils in Deutschland veröffentlicht, fanden diese Werke dort großen Anklang. Ganz besonders bewundert wurden sie von Franz Liszt, der Berwald immer wieder ermahnte, dem Druck von seiten dilettantischer Kritiker nicht nachzugeben und seiner eigenen Inspiration treu zu bleiben. Berwald fand schließlich im Jahre 1864 Anerkennung von offizieller Seite in seinem Heimatland, als er zum Mitglied der Königlichen Musikakademie gewählt wurde. Drei Jahre später wurde er Professor für Komposition am selben Institut, ein Amt, das er nur wenige Monate lang ausüben konnte, da er im April 1868 an einer Lungenentzündung starb.

Berwald hatte als junger Mann einige Jahre lang im Orchester des Opernhauses Geige gespielt, und schrieb brilliant für Geige und Cello. Wenig praktische Erfahrung hatte er hingegen mit dem Klavier. Die Schreibweise eines Schumann oder Mendelssohn scheint ihm nicht geläufig gewesen zu sein, und seine oft als unpianistisch kritisierten Klavierparts ermangeln der Gefühlstiefe zeitgenössischer Klaviermusik und folgen dem seinerzeit veralteten Modell eines Moscheles oder Hummel. Daß er überhaupt immer wieder für das Instrument schrieb, lag vermutlich daran, daß die meisten privaten Ensembles über ein Klavier verfügten.

Berwald komponierte das Trio Nr. 1 in Es-Dur im Herbst 1849. Er hatte zu dieser Zeit bereits ein anderes Trio fertiggestellt, das allerdings bis heute unveröffentlicht ist. Eine klangliche Ausgewogenheit und ein lebendiger Dialog zwischen den verschiedenen Instrumenten ziehen sich durch den ersten Satz Allegro con brio, die Perle der Berwaldschen Trioliteratur. Sein wiegendes Hauptthema weist Anklänge an nordische Folklore auf, die in Berwalds Musik nur selten begegnet. Das schlichte und lyrische Andante grazioso weicht dem flüchtig dahingehauchten Finale Allegro spiritoso.

Gilt das erste Trio als Berwalds bestes, so erweist sich das Zweite in f-Moll als um so problematischer. Vor allem im ersten Satz Allegro ist häufig eine mangelhafte Balance zwischen den Streichinstrumenten und dem Klavierklang kritisiert worden, die die unterschwellige Dramatik dieses Satzes überschattet. Das Larghetto gibt sich zunächst konventionell, zeigt dann jedoch groteske Grimassen. Das brillante Scherzo Molto allegro steht im Geiste Mendelssohns und schließt das Werk mit einer Koda ab, die auf den ersten Satz zurückgreift.

Das zweite Trio wurde im März 1851 vollendet, und das Dritte in d-Moll folgte im Dezember desselben Jahres. Das frei dahinfließende Allegro molto besticht durch seine melodischen Einfälle und eine farbige Instrumentation. Ohne Unterbrechung folgt das Adagio quasi Largo, in welchem Berwald eine eindrucksvolle Wirkung erzielt, indem er die schlichte Melodie der Streicher auf unorthodoxe Weise durch 128tel Noten des Klaviers begleiten läßt. Auch das Finale Allegro molto bricht ohne Vorwarnung über den Zuhörer mit einem nach vorne strebenden, ungewöhnlichen Thema ein, das nur aus der Feder eines so originellen und individuellen Komponisten wie Berwald stammen kann.

Quelle: E. G., im Booklet

Elias Martin (1739-1818): Ansicht von Stockholm
von der Fersen-Terrasse. Nationalmuseum, Stockholm

TRACKLIST

Franz Berwald
(1796-1868) 

Piano Trios Nos. 1 - 3


Piano Trio No. 1 in E flat major                                19:20
(1) Introduzione: Largo - Allegro con brio             7:39       
(2) Andante grazioso                                   4:19
(3) Finale: Allegro con spirito quasi presto           7:17

Piano Trio No. 2 in F minor                                     21:28
(4) Allegro molto                                      7:59
(5) Larghetto                                          5:45
(6) Scherzo: Molto allegro - Allegro molto             7:38 

Piano Trio No. 3 in D minor                                     22:58
(7) Allegro non molto                                  9:29
(8) Adagio quasi largo                                 5:35
(9) Finale: Allegro molto - Un poco meno allegro       7:50

                                                   Playing Time 63:56 
Ilona Prunyi, piano 
András Kiss, violin 
Csaba Onczay, cello 

Recorded at the Italian Institute, Budapest, from 5th to 11th January, 1989. 
Producer: Monika Feszler 
Engineer: Jonás Horváth 

Cover illustration: View of Stockholm from the Fersen Terrace
(gouache on canvas) by Elias Martin (1739-1818), Nationalmuseum, Stockholm 

(P) 1989 (C) 2000

Elias Martin (1739-1818): Ansicht von Stockholm.
Nationalmuseum, Stockholm

TRACKLIST

Franz Berwald
(1796-1868) 

Piano Trios Vol. 2


Piano Trio in C major (1845)                                    26:52   
(1) Allegro risoluto                                   9:37   
(2) Scherzo: Adagio motto - Allegro motto - Adagio    10:30   
(3) Finale: Presto                                     6:45

Piano Trio in E flat major (Fragment)     
(4) Introduction: Largo - Allegro molto - Adagio                10:31

Piano Trio in C major (Fragment)     
(5) Scherzo: Adagio quasi andante - Presto - Adagio 
    quasi andante - Finale: Presto                               7:20   
    
Piano Trio No. 4 in C major     
[6] Allegro - Adagio - Finale: Quasi presto                     18:46   

                                                   Playing Time 63:27 
     
Kálmán Dráfi, Piano
Jozsef Modrian, Violin     
György Kertész, Cello

Recorded in Festetich Castle. Budapest in June, 1991     
Producer: Jenö Simon 
Engineer: Gábor Mocsáry

Cover Painting: View of Lidingobro by Carl Wilhelm Wilhelmson (1866-1928) Connaught Brown, London  

(P) 1993 (C) 2001 


William Butler Yeats, poet



When you are old and gray and full of sleepWenn du alt bist
William Butler YeatsWerner Vordtriede
When you are old and gray and full of sleep
And nodding by the fire, take down this book,
And slowly read, and dream of the soft look
Your eyes had once, and of their shadows deep;

How many loved your moments of glad grace,
And loves your beauty with love false or true;
But one man loved the pilgrim soul in you,
And loved the sorrows of your changing face;

And bending down beside the glowing bars,
Murmur, a little sadly, how love fled
And paced upon the mountains overhead,
And hid his face amid a crowd of stars.
Bist du einst alt und grau und voller Schlaf
Und nickst am Feuer ein, dann nimm dies Buch,
Lies langsam, träume dich zurück und such,
Wie mich dein Aug mit seinem Schatten traf.

Wie viele liebten dich im heitren Licht
Und, weil du schön warst, sahn dich mit Begier,
Doch einer liebt' das Pilgerherz in dir,
Die Trauer in dem wechselnden Gesicht.

Und wenn du dich hinunterneigst zur Glut,
Dann flüstre traurig: wie die Liebe floh
Und auf den Bergen hinschritt irgendwo
Und ihr Gesicht verbarg in Sternenflut.
Bist du einst altWenn du im Alter, grau und schlafensmatt
Christa SchuenkeWolfgang Schlüter
Sitzt du einst alt und grau am Feuer dort,
Dann greif nach diesem Buch, blättre zurück
Und lies gemächlich, träum von deinem Blick,
So weich, von tiefen Schatten sanft umflort;

Geliebt hat deine Schönheit, Heiterkeit
Manch einer ehrlich, mancher aus Begier,
Doch einer liebt' die Pilgerin in dir,
Im Wandel deiner Züge all das Leid;

Dann beug dich vor und schau ins Feuerloch
Und seufze; Liebe hat so kurze Frist,
Wie bald sie über alle Berge ist
Und nur ein Stern am Sternenhimmel noch.
Wenn du im Alter, grau und schlafensmatt,
Am Feuer nickst, nimm zu dir dieses Buch,
Lies langsam, träume von dem Blick so weich
Und jenen tiefen Schatten, die einst dein Auge hatt.

Wie viele liebten deine Zeiten frohen Witzes
Und deine Schönheit - seis mit falscher Lieb seis ohne Hehl,
Nur ein Mann liebt' in dir die Pilgerseel
Und liebt' den Kummer deines wechselnden Antlitzes.

Und im Herniedersinken, zuseit die Scheiter glimmen,
Murmle, ein wenig traurig, wie die Liebe floh
Und ins Gebürge schritt hoch über Gipfelhöh
Und ihr Gesicht barg in der Sterne Flimmern.

William Butler Yeats (1865-1939)

The Lover Tells Of The Rose In His HeartDer Liebende spricht von der Rose in seinem Herzen
William Butler YeatsWerner Vordtriede
All things uncomely and broken, all things worn out and old,
The cry of a child by the roadway, the creak of a lumbering cart,
The heavy steps of the ploughman, splashing the wintry mould,
Are wronging your image that blossoms a rose in the deeps of my heart.

The wrong of unshapely things is a wrong too great to be told;
I hunger to build them anew and sit on a green knoll apart,
With the earth and the sky and the water, re-made, like a casket of gold
For my dreams of your image that blossoms a rose in the deeps of my heart.
Alles was grob und zerbrochen, all was verbraucht ist und alt,
Der Schrei eines Kindes am Wege, das Knarren des holpernden Rads,
Die schweren Tritte des Pflügers, der die Winterkrume verspritzt,
Tun deinem Bilde unrecht, das als Rose tief in mir blüht.

Das Unrecht der formlosen Dinge ist ein Unrecht, das kein Wort beschreibt,
Ich hungre danach, sie zu formen und zu sitzen fur mich auf dem Grün
Und Erde und Himmel und Wasser umschaffend zu goldenem Schrein
Für meinen Traum von dem Bildnis, das als Rose tief in mir blüht.


He gives his beloved certain rhymesEr gibt seiner Liebsten gewisse Reime
William Butler YeatsErnst Jandl
Fasten your hair with a golden pin,
And bind up every wandering tress;
I bade my heart build these poor rhymes:
It worked at them, day out, day in,
Building a sorrowful loveliness
Out of the battles of old times.

You need but lift a pearl-pale hand,
And bind up your long hair and sigh;
And all men's hearts must burn and beat;
And candle-like foam on the dim sand,
And stars climbing the dew-dropping sky,
Live but to light your passing feet.
Tu ins Haar die goldene Spange hinein,
Die streunenden Strähnen binde fest;
So Armes hält mein Herz bereit:
Ich schrieb solche Reime tagaus, tagein,
Und schuf aus alter Schlachten Rest
Eine traurige Lieblichkeit.

Heb bloß die perlenblasse Hand,
Steck fest dein langes Haar und seufz;
Und jedes Mannherz brennt und hupft;
Und Schaum, wie Kerzen, auf dem Sand,
Und Sterne, die der Himmel häuft,
Sind Licht erst wenn dein Fuß sie tupft.

William Butler Yeats (1865-1939)

The Lover Speaks To The Hearers Of His Songs In Coming DaysDer Liebende spricht zu denen die in kommenden Tagen seine Lieder hören werden
William Butler YeatsWerner Vordtriede
O women, kneeling by your altar-rails long hence,
When songs I wove for my beloved hide the prayer,
And smoke from this dead heart drifts through the violet air
And covers away the smoke of myrrh and frankincense;
Bend down and pray for all that sin I wove in song,
Till the Attorney for Lost Souls cry her sweet cry,
And.call to my beloved and me: 'No longer fly
Amid the hovering, piteous, penitential throng.'
Oh Frauen, die ihr einst an geweihten Geländern kniet,
Wenn dann meine Liebeslieder euch stören im Gebet
Und dieses toten Herzens Rauch durch purpurne Lüfte weht
Und den Schwalm aus Myrrhe und Weihrauch überzieht,
Neigt euch und betet für die Sünde die ich zu Liedern spann
Bis der verlornen Seelen Fürsprech Stimme sich hebt
Und uns anruft, meine Liebste und mich: »Nicht länger schwebt
Im zagenden klagenden reumütigen Gespann.«

William Butler Yeats (1865-1939)

He wishes for the cloths of heavenEr wünscht sich die Tücher des Himmels
William Butler YeatsWerner Vordtriede
Had I the heavens' embroidered cloths,
Enwrought with golden and silver light,
The blue and the dim and the dark cloths
Of night and light and the half-light,
I would spread the cloths under your feet:
But I, being poor, have only my dreams;
I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
Hätt ich die reich gestickten Himmelstücher
Gewirkt aus goldenem und silbernem Licht,
Die blauen und die matten und die dunklen Tücher
Von Nacht und Licht und halbem Licht,
Ich breitete die Tücher dir zu Füßen:
Doch weil ich arm bin, hab ich nur die Träume;
Die Träume breit ich aus vor deinen Füßen:
Tritt leicht darauf, du trittst auf meine Träume.


He Thinks Of His Past Greatness When A Part Of The Constellations Of HeavenEr denkt seiner vergangenen Größe da er ein Teil der himmlischen Sternbilder war
William Butler YeatsWerner Vordtriede
I have drunk ale from the Country of the Young
And weep because I know all things now:
I have been a hazel-tree, and they hung
The Pilot Star and the Crooked Plough
Among my leaves in times out of mind:
I became a rush that horses tread:
I became a man, a hater of the wind,
Knowing one, out of all things, alone, that his head
May not lie on the breast nor his lips on thc hair
Of the woman that he loves, until he dies.
O beast of the wilderness, bird of the air,
Must I endure your amorous cries?
Im Lande der Jungen hatt ich mir eingeschenkt
Und weine nun, denn ich weiß jedes Ding:
Ich war ein Haselbusch und in ihn gehängt
War der Polarstern und der Große Bär hing
In meinen Blättern zu Zeiten die vergessen sind:
Ich ward eine Binse, von Rossen zerklaubt:
Ich wurde ein Mann, ein Hasser von Wind,
Wisser, fern jedem Ding, allein, daß sein Haupt
Nicht liegen darf auf der Brust, noch sein Mund auf dem Haar
Der Frau die er liebt, bis er gestorben sei.
Oh Tiere der Wildnis, in Lüften ihr Vogelpaar,
Muß ich erdulden euren verliebten Schrei?

Maud Gonne (1866-1953)

WordsWorte
William Butler YeatsWerner Vordtriede
I had this thought a while ago,
'My darling cannot understand
What I have done, or what would do
In this blind bitter land.'

And I grew weary of the sun
Until my thoughts cleared up again,
Remembering that the best I have done
Was done to make it plain;

That every year I have cried, 'At length
My darling understands it all,
Because I have come into my strength,
And words obey my call';

That had she done so who can say
What would have shaken from the sieve?
I might have thrown poor words away
And been content to live.
Dies kam mir unlängst in den Sinn:
Daß meine Liebste nie verstand,
Was ich getan hab, tu und bin
In diesem blinden bittren Land.

Da wurd ich recht die Sonne müd,
Dann aber klärte sich mein Geist:
Das Beste tat ich ja, bemüht,
Ihr zu sagen was es heißt.

»Nun endlich«, rief ich Jahr fur Jahr,
»Verstehts die Liebe doch,
Jetzt hab ich erst die rechte Kraft
Und zwing das Wort ins Joch.«

Doch hätte sies getan, wer sagt,
Was sich im Schütteln ausgesiebt,
Die armen Worte weggejagt,
Hätt ich wohl nur gelebt.

Maud Gonne (1866-1953)

All things can tempt meAlles kann mich verlocken
William Butler YeatsWerner Vordtriede
All things can tempt me from this craft of verse:
One time it was a woman's face, or worse --
The seeming needs of my fool-driven land;
Now nothing but comes readier to the hand
Than this accustomed toil. When I was young,
I had not given a penny for a song
Did not the poet Sing it with such airs
That one believed he had a sword upstairs;
Yet would be now, could I but have my wish,
Colder and dumber and deafer than a fish.
Alles lockt mich von diesem Dichtwerk fort:
Ein Frauenantlitz einst und - schlimmer noch -
Die Scheinnot meines narrensüchtigen Lands.
Nun geht mir nichts so leicht mehr von der Hand
Wie die gewohnte Fron. Als Jugend riet,
Gab ich nicht einen Heller fur ein Lied,
Sang es der Dichter nicht, als ob - bewehrt -
Die Treppen hoch er heimlich bärg ein Schwert;
Und wär jetzt gern - ich gäbe viel darum
Fühlloser als ein Fisch und taub und stumm.


A songEin Lied
William Butler YeatsErich Kahler
I thought no more was needed
Youth to polong
Than dumb-bell and foil
To keep the body young.
O who could have foretold
That the heart grows old?

Though I have many words,
What woman's satisfied,
I am no longer faint
Because at her side?
O who could have foretold
That the heart grows old?

I have not lost desire
But the heart that I had;
I thought 'twould burn my body
Laid on the death-bed,
For who could have foretold
That the heart grows old?
Ich glaubte, mehr bedürf es nicht
Als Fechtrapier und Stemmgewicht,
Daß Jugend länger treibe,
Der Körper frisch verbleibe.
O, wer denn dachte dran,
Daß das Herz altern kann!

Zu reden weiß ich wohl noch was,
Doch welcher Frau genügte das,
Da ich in ihrer Nähe
Nicht mehr wie eh vergehe;
O, wer denn dachte dran,
Daß das Herz altern kann!

Begier ist's nicht was ich verlor,
Das Herz nur wie es war zuvor,
Das mir verbrannt noch hätte
Den Leib im Totenbette -
So wähnt ich, denn wer dachte dran,
Daß das Herz altern kann!

John Butler Yeats (1839-1922)

To a young beautyAn eine junge Schöne
William Butler YeatsWerner Vordtriede
Dear fellow-artist, why so free
With every sort of company,
With every Jack and Jill?
Choose your companions from the best;
Who draws a bucket with the rest
Soon topples down the hill.

You may, that mirror for a school,
Be passionate, not bountiful
As common beauties may,
Who were not born to keep in trim
With old Ezekiel's cherubim
But those of Beauvarlet.

I know what wages beauty gives,
How hard a life her servant lives,
Yet praise the winters gone:
There is not a fool can call me friend,
And I may dine at journey's end
With Landor and with Donne.
Du liebe Kunstgefährtin, so
In jeder Art Gesellschaft froh,
Mit jedem Hinz und Kunz?
Wähl dir die beste Kumpanei,
Beim Eimerziehn mit wems auch sei,
Purzelst du bald zum Grund.

Du, guter Zunft ein Spiegelschein
Darfst glühend, nicht freigebig sein
Wie Durchschnittsschöne je,
Die richten sich nicht nach dem Trimm
Von Alt-Hezekiels Cherubim,
Sie fahrn mit Beauvarlet.

Ich weiß es, wie die Schönheit lohnt,
Und weiß, wie schwer ihr Diener front,
Weiß doch den Wintern Dank.
Kein Dummkopf nennt mich Freund, am Ziel
Der Reise tafl ich wenn ich will
Mit Landor und mit Donne.

Standish James O'Grady (1846-1928)

Human dignityMenschenwürde
William Butler YeatsRichard Exner
Like the moon her kindness is,
If kindness I may call
What has no comprehension in't,
But is the same for all
As though my sorrow were a scene
Upon a painted wall.

So like a bit of stone I lie
Under a broken tree.
I could recover if I shrieked
My heart's agony
To passing bird, but I am dumb
From human dignity.
Ja, ihre Güte gleicht dem Mond,
Wenn Güte wird genannt,
Was ohne alle Einsicht sich
An alle gleich gewandt,
Als wär mein Kummer nur ein Bild
Auf der gemalten Wand.

So lieg ich wie ein Stückchen Stein,
Ein Baum brach auf mir um.
Ich wär gerettet, wenn ich schrie
Mein Herz-Martyrium
Zum Vogel hin, doch bleibe ich
Vor Menschenwürde stumm.


After long silenceNach langem Schweigen
William Butler YeatsWerner Vordtriede
Speech after long silence; it is right,
All other lovers being estranged or dead,
Unfriendly lamplight hid under its shade,
The curtains drawn upon unfriendly night,
That we descant and yet again descant
Upon the supreme theme of Art and Song:
Bodily decrepitude is wisdom; young
We loved each other and were ignorant.
Nach langem Schweigen reden. Es ist gut,
Da unsre Liebsten tot sind und getrennt,
Mißgünstiges Lampenlicht verschattet brennt,
Mißgünstige Nacht fern hinterm Vorhang ruht,
Daß wir so wortreich sind und wieder sind
Mit höchstem Inhalt: Lied und Kunstübung:
Der alterslahme Leib ist Weisheit - jung
War Liebe unser und wir waren blind.

Lady Augusta Gregory (1852-1932)

Beautiful lofty thingsSchöne erhabene Dinge
William Butler YeatsWerner Vordtriede
Beautiful lofty things: O'Leary's noble head;
My father upon the Abbey stage, before him a raging crowd:
'This Land of Saints,' and then as the applause died out,
'Of plaster Saints'; his beautiful mischievous head thrown back.
Standish O'Grady supporting himself between the tables
Speaking to a drunken audience high nonsensical words;
Augusta Gregory seated at her great ormolu table,
Her eightieth winter approaching: 'Yesterday he threatened my life.
I told him that nightly from six to seven I sat at this table,
The blinds drawn up'; Maud Gonne at Howth station waiting a train,
Pallas Athene in that straight back and arrogant head:
All the Olympians; a thing never known again.
Schöne erhabene Dinge: O'Learys edles Haupt.
Mein Vater auf der Abbey-Bühne vor einer wütenden Schar:
»Dies Land von Heiligen« und als der Beifall verebbte,
»Von Gipsheiligen« und warf boshaft den schönen Kopf zurück.
Standish O'Grady, der sich auf die Tischplatten stützt
Und den betrunknen Zuhörern hochfliegenden Unsinn vorspricht.
Augusta Gregory an ihrem großen Ormolutisch
Vor ihrem achtzigsten Winter: "Gestern drohte er mir mit dem Tod.
Ich sagte ihm, daß ich jede Nacht von sechs bis sieben an diesem Tisch säße
Mit offnen Jalousien.« Maud Gonne im Bahnhof einen Zug erwartend,
Pallas Athene mit gradem Rücken und anmaßlichem Haupt:
All die Olympier, ein Ding, was keiner mehr kennt.


Quelle der Übersetzungen: William Butler Yeats. Liebesgedichte. [Hrgr: Werner Vordtriede] Sammlung Luchterhand 62006. Luchterhand Literaturverlag, München, 2001. ISBN 3-630-62006-X


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