28. Dezember 2009

Joseph Haydn: Russische Quartette, Opus 33 (Kodály Quartet)



Insgesamt 83 Streichquartette hat Joseph Haydn im Laufe seines Lebens komponiert - nicht gerechnet die "Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze". Eine an sich schon erstaunliche Leistung, die desto höher einzuschätzen ist, als Haydn sich ja nicht auf diese Gattung konzentriert oder gar beschränkt hat. Über 100 Symphonien, dazu unzählige Klaviersonaten, Opern, Konzerte, geistliche Werke: selbst wenn man berücksichtigt, daß seine berufliche Laufbahn mehr als ein halbes Jahrhundert dauerte, ist das ein enormes Pensum.

Dabei hat Haydn auf einigen Gebieten deutlichere Zukunftssignale gesetzt als auf anderen. Während zum Beispiel Konzert und Oper vergleichsweise traditionell geblieben sind, gibt es beim Streichquartett, bei der Symphonie und der Klaviersonate einen gewaltigen Entwicklungsprozeß und einen beispiellosen Einfallsreichtum, der die jüngeren Generationen zutiefst beeinflußt hat.

Aus den Jahren 1778 bis 1781 stammen die sechs sogenannten "Russischen" Streichquartette, die ihren Namen dem Auftraggeber und Widmungsträger verdanken, dem Großfürsten Paul von Rußland. Hier hat die kammermusikalische Entwicklung Haydns ihren vorläufigen Höhepunkt insofern erreicht, als er im Vergleich mit den älteren Quartetten vollends dazu übergeht, die Bindung des thematischen Materials an einzelne Instrumente, vor allem an die erste Violine, aufzugeben und stattdessen alle vier Mitwirkenden gründlich in die Debatte einzubeziehen. Es ist also mit anderen Worten eine Emanzipation erreicht, die für den Quartettstil der späteren Generationen verbindlich blieb.

Während nämlich zuvor bloß Einer das Wort führte und die drei andern mehr oder weniger zustimmend nickten, entsteht jetzt jene Art der musikalischen Kommunikation, die - wäre sie nicht so kunstvoll und wohlerwogen gearbeitet - eher an die "demokratische" Errungenschaft der politischen Diskussion erinnerte: Man fällt sich gegenseitig ins Wort, läßt den anderen nicht zu Ende sprechen, greift Aussagen auf, um sie nach eigenem Gutdünken weiterzuführen ... und in der Mitte sitzt der verzweifelte Moderator, der mit dezenten Hinweisen zu retten versucht, was nicht zu retten ist.

Um bei diesem Vergleich zu bleiben: Im Falle des Streichquartetts ist der Moderator, das heißt, der Komponist, natürlich in einer ganz anderen Lage. Denn seiner Phantasie und seinem Formbewußtsein entspringt das Hin und Her der Motive; er läßt nach seinem Gutdünken auftrumpfen oder resignieren, er formuliert die Attacken und Unterbrechungen. Und außerdem kann er jederzeit die Hitze des Gefechts mit ein paar humorigen Bemerkungen entschärfen - ein Prozedere, das seit Theodor Heuss und Konrad Adenauer fast völlig aus der politischen Kultur verschwunden ist.

Landesausstellung Joseph Haydn in seiner Zeit, Briefmarke der Österreichischen Post aus dem Jahr 1982

Wie sehr Joseph Haydn auf die Form Wert legte, zeigen die sechs "russischen" Quartette allemal. Sie sind durchweg viersätzig, die ersten vier Kompositionen stellen das Scherzo bzw. Scherzando (eine recht neue und unbedingt Haydnsche Erfindung) an die zweite Stelle, in den beiden letzten Quartetten stehen sie vor dem Finale, das in vier der sechs Fälle als Presto bezeichnet ist. Einmal - im G-dur-Quartett op. 33 Nr. 5 - führt der Komponist seine Hörer zunächst in die Irre: Der Schlußsatz beginnt als Allegretto und präsentiert drei Variationen über ein wiegendes Siziliano-Thema. Dann allerdings geschieht etwas völlig Unvermutetes - das Tempo schlägt doch noch in ein Presto um, und im Nu ist das Werk am Ende angekommen.

Überhaupt muß man sich, wie bereits angedeutet, auf einige humoristische Kabinettstückchen gefaßt machen. Die Vogelstimmen des Quartetts C-dur op. 33 Nr. 3 gehören ebenso dazu wie das störrische Hauptthema aus dem ersten Satz des nächstfolgenden Werkes; unorthodox und geradezu dreist ignoriert der Komponist den vorgezeichneten Dreiertakt im Scherzo des fünften Quartetts; und das Schluß-Allegretto des Quartetts Nr. 6 ist wieder ein Beweis dafür, daß sich auch lebhafteste Auseinandersetzungen zu einem guten Punkt führen lassen, wenn nur eine ordnende Hand am Werke ist. Mit einer Portion Unernst ist jeder Streit zu vermeiden, vorausgesetzt, der Streit selbst wäre nicht das Ziel. Das unterscheidet dann eben die Klassik von der Gegenwart ...

Quelle: Anonymus, im Booklet


CD 1, Track 8, Streichquartett op.33 Nr 2 "The Joke", IV. Finale


TRACKLIST

Joseph Haydn (1732-1809)
Russische Quartette / Jungfernquartette

CD 1: Streichquartette Op. 33 Nr 1, 2 & 5      [54:41]

Quartet No. 29 in G major, Op. 33, No. 5 "How do you do?"

01. I.   Vivace assai              [06:03]
02. II.  Largo e cantabile         [04:50]
03. III. Scherzo                   [03:13]
04. IV.  Finale                    [05:11]

Quartet No. 30 in E flat major, Op. 33, No. 2 "The Joke"

05. I.   Allegro moderato          [04:50]
06. II.  Scherzo                   [03:44]
07. III. Largo e sostenuto         [04:40]
08. IV.  Finale                    [03:43]

Quartet No. 31 in B minor, Op. 33, No. 1

09. I.   Allegro moderato          [05:24]
10. II.  Scherzo                   [02:51]
11. III. Andante                   [05:49]
12. IV.  Finale                    [04:16]


CD 2: Streichquartette Op. 33 Nr 3, 4 & 6      [53:38]

Quartet No.32 in C Minor, Op. 33, No.3 "The Bird"

01. I.   Moderato                  [06:59]
02. II.  Scherzo: Allegretto       [02:50]
03. III. Adagio ma non troppo      [06:13]
04. IV.  Finale: Rondo - Presto    [02:55]

Quartet No.33 in D Major, Op. 33, No.6

05. I.   Vivace assai              [05:38]
06. II.  Andante                   [04:55]
07. III. Scherzo: Allegretto       [02:16]
08. IV.  Finale: Allegretto        [05:06]

Quartet No.34 in B Flat Major, Op. 33, No.4

09. I.   Allegro moderato          [04:32]
10. II.  Scherzo: Allegretto       [02:50]
11. III. Largo                     [04:19]
12. IV.  Finale: Presto            [04:58]


Kodály Quartet
Recorded at the Unitarian Church, Budapest
CD 1: 25th to 27th February 1993
CD 2: 21st to 24th September 1993
Producer: Ibolya Tóth
Engineer: János Bohus
(C) & (P) 1994,
DDD

Pompeo Batoni: Kaiser Joseph II. und Großherzog Pietro Leopoldo von Toskana, datiert 1769, Kunsthistorisches Museum Wien (Quelle: KHM Wien)

Josef II. (1741-1790), ältester Sohn und seit 1765 Mitregent Maria Theresias, bereiste 1769 Italien und besuchte mit seinem jüngeren Bruder Peter Leopold (1747-1792, ab 1790 Kaiser Leopold II.) Rom. Wie viele junge ausländische Aristokraten auf ihrer "Grand tour", der obligaten Bildungsreise nach Italien, ließen sich die beiden von Pompeo Batoni, dem führenden römischen Maler der Zeit, porträtieren. Seine klassizistisch einfache Porträtauffassung, die auf äußerlichen Prunk verzichtet, entsprach dem fortschrittlichen Ideal der beiden aufgeklärten Fürsten.

CD Info and Scans (Tracklist, Covers, Booklet, Music Samples, Pictures) 44 MB
rapidgator --- embedupload --- Filepost --- Depositfile --- uploadable

Unpack x84.rar and read the file "Download Links.txt" for links to the Flac+Cue+Log Files 2 CDs [108:19] 6 parts 502 MB

Reposted on October 13, 2014


CD 2, Track 1, Streichquartett op 33 Nr 3 "The Bird", I. Allegro moderato


Teddybär Joseph Haydn von Hermann Coburg, erhältlich in der Bärenboutique bei Yatego

Joseph Haydn - eine schöne Hommage an den ältesten der drei Großmeister der Wiener Klassik! Joseph Haydn von Hermann Coburg ist 42 cm groß, aus Mohair und mit Holzwolle gefüllt. Er ist stilecht bekleidet und mit dem Musikwerk "Kinder-Sinfonie" ausgestattet. Limitiert auf nur 500 Exemplare weltweit.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen