Franklin gab ein Instrument an die Davies-Schwestern. Cecilia, eine in ganz Europa gefeierte Sängerin, und Marianne kamen mit der Glasharmonika nach Wien und waren zu Gast im Hause Johann Adolph Hasses. Anlässlich der Hochzeit der Erzherzogin Maria Amalia mit dem Infanten Ferdinand, Herzog von Parma, komponierte Hasse 1769 "L'Armonica". Das Werk verlangt nicht nur einen großen Tonumfang bis zum kleinen c, sondern auch virtuose Fähigkeiten. Es ist erstaunlich, dass erst wieder Wolfgang Amadé Mozart in seinem Werk für Glasharmonika, Flöte, Oboe, Viola und Violoncello (1791) ähnliche Anfordenmgen an das Instrument stellte. Beide Werke haben im Vergleich zu den übrigen Stücken für Glasharmonika herausragende kompositorische Qualitäten und markieren so auch Anfang und Ende der Blütezeit dieses Instruments.
Benjamin Franklin's Glasharmonika (Druck Italien, um 1762) |
Johann Adolph Hasse, getauft am 25. März 1699 in Bergedorf bei Hamburg. 1718 debütierte er als Tenor an der Hamburger Oper, 1721 sang er - inzwischen in Braunschweig - die Titelrolle in seiner ersten Oper "Antioco". Der zeitüblichen Italianisierung folgend wandte er sich bald darauf nach Neapel und gelangte als Opernkomponist zu Ansehen. 1730 heiratete er in Venedig die Primadonna Faustina Bordoni, mit der er 1731 in Dresden ein erstes Gastspiel gab und ab 1734 als "Kgl. Polnischer und Kurfürstlieh Sächsischer Kapellmeister" Triumphe feierte. Da man ihm genügend Urlaub gewährte, wuchs sein Ansehen als "compositore scritturato" durch Gastspiele in Wien, Paris, Venedig, München, Warschau und anderen Orten noch zusätzlich. Den Lebensabend verbrachte das gefeierte Künstlerpaar zurückgezogen in Venedig, wo Hasse am 16. Dezember 1783 starb und in der Kirche San Marcuola beigesetzt wurde.
„Il caro Sassone", wie er in Italien genannt wurde, komponierte ca. 60 Opere serie, davon viele mit Libretti von Pietro Metastasio, sowie Oratorien, Kirchenmusik und Kammermusiken. In Wien komponierte Hasse 1769 die auf "obrigkeitlichen Befehl" verfasste Ode von Pietro Metastasio "L'Armonica" fur die Hochzeitsfeierlichkeiten ihrer königlichen Hoheiten Infant Ferdinand, Herzog von Parma, und Erzherzogin Maria Amalia von Österreich. Die Kantate wurde im Grossen Saal von Schönbrunn mit den Schwestern Marianne (Glasharmonika) und Cäcilia Davies (Gesang) aufgeführt.
Wolfgang Amadé Mozart, geboren am 27. Jänner 1756 in Salzburg im Hause Nr. 9 der Getreidegasse als Sohn des "fürsterzbischöflichen Kammermusicus" Leopold Mozart und der Frau Maria Anna, geborene Pertl. Die erste Komposition - ein Menuett mit Trio - entstand 1761, am 15. November 1791 trug er als letztes vollendetes Werk "Eine kleine Freymaurer-Kantate" in sein Werkverzeichnis ein. Das "Köchel- Verzeichnis" zählt 839 Kompositionen. Nach 11 Reisen wurde Mozart am 16. März 1781 in Wien sesshaft: "... hier ist ein Herrlicher Ort ... und für mein Metier der beste ort von der Welt.“ Am 4. August 1782 heiratete er die aus Zell im Wiesental gebürtige Constanze Weber im Dom von St. Stephan. Von sechs Kindern blieben Karl Thomas und Franz Xaver Wolfgang am Leben. 1787 wurde er als Kammerkompositeur am Wiener Hof mit 800 fl. Gehalt angestellt. Mozart starb am 5. Dezember 1791 in Wien im Hause Rauhensteingasse, Stadt Nr. 970.
Am 23. Mai 1791 hat Mozart das "Adagio und Rondeau" in sein Werkverzeichnis eingetragen. Er komponierte es fur die in früher Jugend erblindete Marianne Kirchgeßner, geboren 1770 in Waldhäusel bei Bruchsal, gestorben 1809 in Schaffhausen, die auf der Glasharmonika ungewöhnliche Virtuosität erlangt hatte. Das Werk wurde von ihr in der Akademie im "Kärntnerthortheater" am 19. August 1791 uraufgeführt.
Die Opera buffa "La finta giardiniera" komponierte Mozart zwischen September 1774 und Januar 1775 in Salzburg und München. Der Vater Leopold war auch in München anwesend und schreibt am 28. Dezember 1774 an seine Frau nach Salzburg: Eben den Tag als ihr bey Sr:Eigr Sauerau waret, war morgens um 10 uhr die erste Prob von des Wolfg: opera, die so sehr gefallen, daß sie bis auf den 5ten Jenner 1775 verschoben worden, damit die sänger solche besser lernen, und wenn sie die Musik recht im Kopf haben, sicherer agieren können, damit die opera nicht verdorben wird, welches bis den 29 Decemb: eine übereilte sache gewesen wäre. Kurz! die Composition der Musik gefällt erstaunlich, und wird also den 5ten Jenner aufgeführt werden. Nun kommt es nur auf die production im Theater an, die wie hoffe gut gehen soll, weil die acteurs uns nicht abgeneigt sind. Und Wolfgang schreibt endlich am 14. Januar 1775 an seine Mutter: Gottlob! Meine opera ist gestern als den 13. in scena gegangen; und so gut ausgefallen, dass ich der Mama den lärmen ohnmöglich beschreiben kan.
Glasharmonika, Ende des 19.Jahrhundert (Museo Nazionale degli Strumenti Musicali, Rom) |
Die Symphonie Nr. 48 komponierte Haydn im September 1773 anlässlieh eines Besuchs der Kaiserin Maria Theresia in Esterháza - so erhielt sie den Beinamen "Maria Theresia". Nach anderen Quellen komponierte Haydn diese Symphonie 1769 und spielte sie 1770 für die Kaiserin im Schloss Kittsee. Tatsache ist der Ausspruch Maria Theresias nach einem Besuch in Esterháza: Wenn ich eine gute Oper hören will, gehe ich nach Esterház.
Quelle: Paul Angerer, im Booklet
Track 1: Karl Leopold Röllig: Rondeau A-Dur für Glasharmonika und Streicher
TRACKLIST L'Armonica Musik mit Glasharmonika Karl Leopold Röllig (1754-1804) 01 Rondeau A-Dur für Glasharmonika und Streicher 5:02 Johann Adolph Hasse (1699-1783) "L'Armonica", Kantate fur Sopran, Glasharmonika und Orchester 26:40 02 Introduzione 4:09 03 Aria 6:09 04 Recitativo 5:13 05 Aria 11:09 Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) 06 Adagio und Rondeau für Glasharmonika, Flöte, Oboe, Viola und Violoncello KV 617 12:31 07 Arie der Arminda aus "La finta giardiniera", KV 196 4:16 Joseph Haydn (1732-1809) Sinfonie C-Dur Nr. 48 "Maria Theresia" Hob. I.48 21:47 08 Allegro 7:57 09 Adagio 6:10 10 Menuetto. Allegretto 4:26 11 Finale. Allegro 3:14 Total: 70:41 Concilium musicum Wien (auf Originalinstrumenten) Ursula Fiedler, Sopran - Sascha Reckert und Philippe Marguerre, Glasharmonika Konzertmeister: Christoph Angerer - Leitung und Cembalo: Paul Angerer Mitschnitt des Konzertes in der Allerheiligen-Hofkirche zu München am 21. Mai 2005 Unterstützt durch die Johann-Adolph-Hasse-Gesellschaft München e.V. Cover: J.F.A. Tischbein: "De zusters van Sanders met glasharmonika", Gemeente-Museum Den Haag (P)+(C) 2005
Theodor Fontane: Realismus
Aus: »Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848«
Emanuel Gottlieb Leutze (1816-1868): Portrait einer Dame mit ihren zwei Söhnen, 1844, Öl auf Leinwand, 103 x 82 cm. Auktion Lempertz 16.05.2009 |
Was uns angeht, die wir seit einem Dezennium nicht müde werden, auf dem dunklen Hintergrunde der Tagesliteratur den Lichtstreifen des Genius zu verfolgen, so bekennen wir unsere feste Überzeugung dahin, daß wir nicht rückwärts, sondern vorwärts schreiten und daß wir drauf und dran sind, einem Dichter die Wege zu bahnen, der um der Richtung willen, die unsere Zeit ihm vorzeichnet, berufen sein wird, eine neue Blüte unserer Literatur, vielleicht ihre höchste, herbeizuführen.
Johann Gottfried Schadow (1764-1850): Leopold von Anhalt-Dessau, 1798-1800, Bronze, 62 x 17,5 cm. Nationalgalerie, Staatliche Museen Berlin |
Dieser Realismus unserer Zeit findet in der Kunst nicht nur sein entschiedenstes Echo, sondern äußert sich vielleicht auf keinem Gebiete unsers Lebens so augenscheinlich wie gerade in ihr. Die bildende Kunst, vor allem die Skulptur, ging hier mit gutem Beispiel voran. Als Gottfried Schadow die Kühnheit hatte, den Zopf in die Kunst einzuführen, nahm er ihr zugleich den Zopf. So wurde der »Alte Dessauer«, an dessen Dreimaster und Gamaschen wir jetzt gleichgültig vorübergehen, zu einer Tat von unberechenbarer Wirkung. Jener Statue zur Seite stehen Schwerin und Winterfeldt in antikem Kostüme, und wahrlich, wenn es Absicht gewesen wäre, das Ridiküle der einen Richtung und das Frische, Lebensfähige der andern zur Erscheinung zu bringen, die Zusammenstellung hätte nicht sprechender getroffen werden können. Seit fünfzig Jahren sind wir auf dem betretenen Wege fortgeschritten in Malerei, Skulptur und Dichtkunst, und es war ein Triumphtag für jene neue Richtung, von der wir uns eine höchste Blüte moderner Kunst versprechen, als die Hülle vom Standbild Friedrichs des Großen fiel und der »König mit dem Krückstocke« auf ein jubelndes Volk herniederblickte. Dieser »Alte Fritz« des genialen Rauch ist übrigens nicht das Höchste der neuen Kunst; er gehört jenem Entwicklungsstadium an, durch das wir notwendig hindurch müssen; es ist der nackte, prosaische Realismus, dem noch durchaus die poetische Verklärung fehlt.
Johann Gottfried Schadow (1764-1850): Friedrich der Große, Bronze, Pommersches Landesmuseum, Greifswald |
Der Realismus in der Kunst ist so alt als die Kunst selbst, ja noch mehr: Er ist die Kunst. Unsere moderne Richtung ist nichts als eine Rückkehr auf den einzig richtigen Weg, die Wiedergenesung eines Kranken, die nicht ausbleiben konnte, solange sein Organismus noch überhaupt ein lebensfähiger war. Der unnatürlichen Geschraubtheit Gottscheds mußte, nach einem ewigen Gesetz, der schöne, noch unerreicht gebliebene Realismus Lessings folgen, und der blühende Unsinn, der während der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts sich aus verlogener Sentimentalität und gedankenlosem Bilderwust entwickelt hatte, mußte als notwendige Reaktion eine Periode ehrlichen Gefühls und gesunden Menschenverstandes nach sich ziehen, von der wir kühn behaupten: Sie ist da. Aus dem Gesagten ergibt sich von selbst eine nahe Verwandtschaft zwischen der Kunstrichtung unserer Zeit und jener vor beinahe hundert Jahren, und, in der Tat, die Ahnlichkeiten sind überraschend. Das Frontmachen gegen die Unnatur, sie sei nun Lüge oder Steifheit, die Shakespeare-Bewunderung, das Aufhorchen auf die Klänge des Volksliedes - unsere Zeit teilt diese charakteristischen Züge mit den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, und es sollte uns nicht schwerfallen, die Persönlichkeiten zu bezeichnen, welche die Herder und Bürger unserer Tage sind oder zu werden versprechen.
Carl Wilhelm Hübner (1814-1879): Die Schlesischen Weber, 1844, Öl auf Leinwand, 77 x 104 cm. Museum Kunstpalast, Düsseldorf |
Es dürfte vielleicht eben hier an der Stelle sein, mit wenigen Worten auf das Verhältnis hinzuweisen, das die beiden Träger unserer sogenannten klassischen Periode jener Richtung gegenüber einnehmen, die wir in vorstehendem nicht Anstand genommen haben entschieden als die unserige zu bezeichnen. Beide, Goethe wie Schiller, waren entschiedene Vertreter des Realismus, solange sie »unangekränkelt von der Blässe des Gedankens« lediglich aus einem vollen Dichterherzen heraus ihre Werke schufen. »Werther«, »Götz von Berlichingen« und die wunderbar-schönen, im Volkstone gehaltenen Lieder der Goetheschen Jugendperiode, so viele ihrer sind, sind ebenso viele Beispiele für unsere Behauptung, und Schiller nicht minder (dessen Lyrik freilich den Mund zu voll zu nehmen pflegte) stand mit seinen ersten Dramen völlig auf jenem Felde, auf dem auch wir wieder, sei's über kurz oder lang, einer neuen reichen Ernte entgegensehen. Die jetzt nach Modebrauch (und auf Kosten des ganzen übrigen Mannes) über alle Gebühr verherrlichten »Räuber« gehören dieser Richtung weniger an als »Fiesco« und »Kabale und Liebe«, denn der Realismus ist der geschworene Feind aller Phrase und Überschwenglichkeit; keine glückliche, ihm selber angehörige Wahl des Stoffs kann ihn aussöhnen mit solchen Mängeln in der Form, die seiner Natur zuwider sind.
Carl Wilhelm Hübner (1814-1879): Das Jagdrecht, 1846, Öl auf Leinwand, 94 x 130,5 cm. |
Adolph Menzel (1815-1905): Théâtre du Gymnase in Paris, 1856, Öl auf Leinwand, 46 x 62 cm, Alte Nationalgalerie, Berlin |
Greif nur hinein ins volle Menschenleben,
Wo du es packst, da ists interessant;
aber freilich, die Hand, die diesen Griff tut, muß eine künstlerische sein. Das Leben ist doch immer nur der Marmorsteinbruch, der den Stoff zu unendlichen Bildwerken in sich trägt; sie schlummern darin, aber nur dem Auge des Geweihten sichtbar und nur durch seine Hand zu erwecken. Der Block an sich, nur herausgerissen aus einem größern Ganzen, ist noch kein Kunstwerk, und dennoch haben wir die Erkenntnis als einen unbedingten Fortschritt zu begrüßen, daß es zunächst des Stoffes, oder sagen wir lieber des Wirklichen, zu allem künstlerischen Schaffen bedarf. Diese Erkenntnis, sonst nur im einzelnen mehr oder minder lebendig, ist in einem Jahrzehnt zu fast universeller Herrschaft in den Anschauungen und Produktionen unserer Dichter gelangt und bezeichnet einen abermaligen Wendepunkt in unserer Literatur. Ein Gedicht wie die in ihrer Zeit mit Bewunderung gelesene »Bezauberte Rose« könnte in diesem Augenblicke kaum noch geschrieben, keinesfalls aber von Preisrichtern gekrönt werden; der »Weltschmerz« ist unter Hohn und Spott längst zu Grabe getragen; jene Tollheit, die »dem Felde kein golden Korn wünschte, bevor nicht Freiheit im Lande herrsche«, hat ihren Urteilsspruch gefunden, und jene Bildersprache voll hohlen Geklingels, die, anstatt dem Gedanken Fleisch und Blut zu geben, zehn Jahre lang und länger nur der bunte Fetzen war, um die Gedankenblöße zu bergen, ist erkannt worden als das, was sie war. Diese ganze Richtung, ein Wechselbalg aus bewußter Lüge, eitler Beschränktheit und blümerantem Pathos, ist verkommen »in ihres Nichts durchbohrendem Gefühle«, und der Realismus ist eingezogen wie der Frühling, frisch, lachend und voller Kraft, ein Sieger ohne Kampf.
Adolph Menzel (1815-1905): Fronleichnamsprozession in Hofgastein, 1880, Öl auf Leinwand, 51 x 70 cm, Neue Pinakothek, München |
Adolph Menzel (1815-1905): Feinbäckerei im Kurpark zu Kissingen, 1893, Gouache auf Papier, 17 x 25 cm. |
(1853)
Quelle: Theodor Fontane: Gesammelte Werke in vier Bänden. (Hrsgr Kurt Schreinert). Im Bertelsmann Lesering, 1960. Aus: Band IV, Seite 383-390
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Schon in der Mozart-Jubiläumsedition von 1956 war eine Glasharmonika im Einsatz - gespielt von Bruno Hoffmann (1913-1991).
Hans Leo Haßler, den ich eine Zeit lang mit Johann Adolph Hasse verwechselt hatte, hat 1601 in Nürnberg einen "Lustgarten neuer teutscher Gesäng" veröffentlicht. Im scharfen Kontrast dazu: Robert Capas Schnappschüsse aus dem Spanischen Bürgerkrieg.
Was Theodor Fontane 1853 vom Realismus in der Literatur erwartete, erhoffte sich 1959 Wolfdietrich Schnurre von der "kaum beachteten literarischen Kunstform" der Kurzgeschichte. (Musikprogramm: G. B. Vitali: Varie Sonate alla Francese e all'Italiana Op. XI.)
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