14. September 2018

Chausson: Poème de l’amour et de la mer – Chanson perpétuelle - Mélodies

Der brutale Tod Ernest Chaussons an einem Fahrradunfall am 10. Juni 1899 war eine schlimme Erschüttterung für die Musikwelt. Er war nur vierundvierzig Jahre alt geworden, und nach langem Tasten und schmerzlichem Suchen hatte er sich seit einigen Jahren erst richtig gefunden. Denn die Musik kam ihm nicht leicht und er lebte im ewigen Zweifeln an sich selber und an seinem Talent. Kein Frühbegabter, hatte er nur knappe zwanzig Jahre, um der Nachwelt sein Vermächtnis zu hinterlassen. Trotzdem brachte er es auf 30 Opusnummern, darunter eine grosse Oper, Le Roi Arthus, trotz unvermeidlicher Treffpunkte mit Wagners Tristan (schon wegen des Stoffes) ein Zentralwerk in seinem Schaffen und eine der schönsten französichen Opern überhaupt. An Orchesterwerken hinterliess er die meisterhafte Symphonie in B-dur, zwei sinfonische Dichtungen und das berühmte Poème für Violine und Orchester.

Das bevorzugte Gebiet dieses Dichters des innerlichen Lebens war jedoch — ähnlich wie für Fauré oder Brahms — die instrumentale Kammermusik (ein Trio, zwei Quartette, ein Sextet) und das Klavierlied. In letztgenannter Gattung hinterliess er an die vierzig Stücke. Zweimal hat er aber die Singstimme durch das Orchester begleiten lassen, und diese beiden Werke — Meisterwerke — sind auf unserer Platte vereinigt.

Chronologisch, menschlich und künstlerisch erscheint uns Ernest Chausson als das ideale Bindeglied zwischen seinem Meister Cesar Franck (vor allem in den grossen Instrumentalformen und in der Tristannahen Chromatik) und seinem Freund und Schützling Debussy, der nur sieben Jahre jünger war als er selbst. Vieles aus seiner Feder — vor allem im Vokalschaffen — klingt nahezu impressionistisch, sein Orchestersatz, viel farbiger und lockerer als bei César Franck, zeugt schon von nahezu Debussyartiger Feinheit und Durchsichtigkeit, und seine Harmonik ist ein seltsames Zusammenschmelzen von postromantischer Chromatik und impressionnistischer Modalität, während seine Melodik pentaphone Gebilde miteinbezieht, die bei Franck niemals zu finden sind.

Ernest Chausson
Obwohl sich die Oper und die Symphonie gelegentlich zu hehrer, heldenhafter Grösse erheben, bevorzugt Chausson vor allem Ausdrucksbereiche von stiller, verträumter Schwermut. Die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren, die Trauer über die gestorbene Liebe, alles Spiegelbild des allgemeinen Weltschmerzes des späten 19.Jahrhunderts, kehren in seiner Musik stets wieder, und vielleicht nirgends eindrucksvoller als in seinem anspruchsvollsten Vokalwerk, das in langer, mühsamer Arbeit zwischen 1882 und 1890 entstandene Poème de l’amour et de la mer opus 19. Das halbstündige Werk, dessen zwei Teile durch ein ergreifendes Orchesterzwischenspiel getrennt sind, ist weit mehr als ein Orchesterlied, aber auch keine Kantate, und lässt sich mit keinem anderen Werk vergleichen — am ehesten noch mit Schrekers Vom Ewigen Leben. Man kann es aber auch als ein französisches Gegenstück zu Mahlers Vokalwerken ansehen. Die Gedichte Bouchors (ein Freund des Komponisten) sind ausgesprochen schwach, aber die herrliche Musik lässt das rasch vergessen. Vieles in der Vokallinie und in der prächtigen Seelandschaftsmalerei des Orchesters deutet schon unverkennbar auf Debussys Pelléas hinaus!

Chanson perpétuelle, am 17. Dezember 1898 abgeschlossen, ist Chaussons letztes vollständiges Werk: in den nächsten Monaten schrieb er noch drei Sätze seines unvollendet gebliebenen Streichquartettes. Wieder handelt es sich in Charles Cros wunderschönem Gedicht um die Trauer einer gestorbenen Liebe, nur ist hier die Frau die Verlassene. Das bezaubernde Stück existiert in voller Orchesterfassung, jedoch klingt es noch ergreifender in der Fassung mit Streichquartett und Klavier.

Chausson hat nie etwas vollendeteres geschrieben als dieses Vermächtnis, jedoch hatte er schon sehr früh seine eigene Stimme gefunden, wie es das Heft seiner ersten veröffentlichten Kavierlieder, Sept Mélodies opus 2 bezeugt. Das früheste (Le Charme) entstand schon 1879, Les Papillons und La dernière Feuille folgten 1880, Sérénade italienne und Le Colibri endlich 1882. Les Papillons, ein lebhaftes vokales Scherzo, entgeht ganz der Chausson üblichen Schwermut, und auch Le Colibri, mit seinem seltsamen Fünfvierteltakt, zeigt die Vielfalt seiner Erfindungskraft. Neben Fauré und Debussy verdient der Liederkomponist Chausson gewiss einen Ehrenplatz in der französischen Musik.

Quelle: Namenloser Autor im Booklet


Track 5: Le Colibri, Op.2 no.7 (Leconte de Lisle)


TRACKLIST


Ernest Chausson
1855-1899

Poème de l'amour et de la mer
Chanson perpétuelle 
Mélodies

Poème de l'amour et de la mer p. voix et orch. op. 19 
(Maurice Bouchor) 
Poem of Love and the Sea 
Das Lied von der Liebe und dem Meer

01 I. La Fleur des eaux                                    [11:52]
   The Flower of the waters / Die Blume der Gewässer
02 Interlude                                               [02:21]
   Interlude / Orchesterzwischenspiel
03 II. La Mort de l'Amour                                  [13:33]
   The Death of Love / Der Tod der Liebe

04 Chanson perpétuelle op. 37                              [07:22]
(Charles Cros)             
Perpetual Song / Das ewig währende Lied
Pour soprano, piano et quatuor à cordes 
for soprano, piano and string quartett
für Sopran, Klavier und Streichquartett

Mélodies
Melodies / Melodien
05. Le Colibri, Op. 2 no. 7 (Charles Leconte de Lisle)     [02:29]
    The Humming-bird / Der Kolibri
06. Sérénade italienne, Op. 2 no. 5 (Paul Bourget)         [02:30]
    Italian Serenade / Italienische Serenade
07. La dernière feuille, Op. 2 no. 4 (Théophile Gautier)   [01:48]
    The last leaf / Das letzte Blatt
08. Les Papillons, Op. 2 no. 3 (Théophile Gautier)         [01:11]
    Butterflies / Die Schmetterlinge
09. Le Charme, Op. 2 no. 2 (Armand Silvestre)              [01:36]
    Charm / Der Zauber

                                              Total Timing [44:46]

Jessye Norman, soprano
Michel Dalberto, piano
Lane Anderson, solo cello (1-3)
Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo - Armin Jordan, conductor (1-3)
Ronald Patterson, violin 1 (4)
Salvatore Sansalone, violîn 2 (4)
Jean-Pierre Pigerre, viola (4)
Lane Anderson, cello (4)

Recording supervision: Michel Garcin - Sound engineer: Pierre Lavoix
Editing: Francoise Garcin
(P) 1983 (C) 2002 


Ambrose Bierce


Aus dem Wörterbuch des Teufels


BACCHUS, Subst.: Eine nützliche Gottheit, von den Alten erfunden als Vorwand dafür, sich zu besaufen.

Ist’s Sünde denn, dem Gott zu dienen?
Wie dürfen, wenn wir Bacchus ehren,
Frech die Liktoren sich erkühnen,
Uns zu verbleun und einzusperren?
Jorace

BANDIT, Subst.: Eine Person, die A mit Gewalt abnimmt was A mittels Arglist dem B abgenommen hat.

BANKKONTO, Subst.: Wohltätige Spende zur Unterstützung einer Bank.

BARDE, Subst.: Eine Person, die Verse schmiedet. Das Wort ist eines der zahlreichen aliases, hinter denen der Dichter seine ldentität zu verschleiern und der Schmach zu entrinnen sucht.

BARMHERZIGKEIT, Subst.: Eine liebenswerte Eigenschaft des Herzens, die uns veranlaßt, anderen die Laster und Sünden nachzusehen, denen wir selbst frönen.

BAROMETER, Subst.: Ein sinnreiches Instrument, das anzeigt, was für Wetter wir haben.

BAUCH, Subst.: Schrein für den Gegenstand aufrichtigster Ergebenheit des Menschen.

BAUFÄLLIG, Adj.: Einem bestimmten architektonischen Stil zugehörig, der anderenorts als der Normal-amerikanische bekannt ist. Die meisten öffentlichen Gebäude der Vereinigten Staaten gehören in die Stilrichtung ›Baufällig‹, obwohl einige unserer früheren Architekten die Ironische bevorzugten. Kürzliche Anbauten ans Weiße Haus in Washington sind Theo-Dorisch nach dem kirchlichen Orden der Dorianer. Sie sind ausnehmend elegant und kosten einhundert Dollar der Ziegel.

BEDAUERN, Subst.: Der Satz in der Tasse des Lebens.

BEGABUNG, Subst.: Das natürliche Rüstzeug, um einen kleinen Teil der niedrigeren Ambitionen zu befriedigen, die begabte Menschen von toten unterscheiden. In letztendlicher Analyse wird man feststellen, daß Begabung für gewöhnlich in einem hohen Grad aus feierlichem Ernst besteht. Gleichwohl wird diese beeindruckende Eigenschaft vielleicht zu Recht geschätzt; es ist kein leichtes Unterfangen, feierlich-ernst zu sein.

BEGÜNSTIGEN, Verb: Sich jemanden verpflichten; die Basis für eine künftige Erpressung schaffen.

BEICHTE, Subst.: Ein Platz, wo der Priester sitzt, um die großen Sünden zu vergeben und mit Vergnügen von den kleinen zu hören.

BEIFALLKLATSCHEN, Subst.: Währungseinheit, mit der das gemeine Volk denjenigen bezahlt, der es kitzelt und verschlingt.

BEKANNTSCHAFT, Subst.: Jemand, den wir gut genug kennen, um von ihm zu borgen, aber nicht gut genug, um ihm zu leihen. Ein als flüchtig zu bezeichnender Grad von Freundschaft, wenn die Zielperson arm oder unbedeutend ist, und als eng, wenn sie reich oder berühmt ist.

BELLADONNA, Subst.: Im Italienischen eine schöne Dame; im Englischen ein tödliches Gift. Trelfendes Beispiel für die wesentliche Identität der zwei Sprachen.

BEMERKENSWERT, Adj .: Die Art und Weise, mit der dieser dumme Jones da vorankommt, während wir, die wir so viel begabter sind, kaltgestellt werden.

BENEHMEN, Subst.: Eine Erfindung des Teufels, um seinen Anhängern Zugang zur guten Gesellschaft zu verschaffen.

BENENNEN, Verb: Für den gewichtigsten politischen Posten ausersehen. Eine geeignete Person vorschlagen, die sich den Schlammwürfen und beleidigenden Ausfällen der Opposition aussetzt.

BEREDTSAMKEIT (I), Subst.: Eine Methode, Narren zu überzeugen. Diese Kunst wird für gewöhnlich in Gestalt eines kleinen, glatzköpfigen Mannes dargestellt, der über einem Wasserglas gestikuliert.

BEREDTSAMKEIT II), Subst.: Die Kunst, Narren vermittels des gesprochenen Wortes davon zu überzeugen, daß Weiß die Farbe ist, die es zu sein scheint. Sie schließt auch die Gabe ein, jegliche Farbe weiß erscheinen zu lassen.

BESCHULDIGEN, Verb: Einem anderen boshafterweise die verderbten Handlungen zuschreiben, die selbst zu begehen man keine Versuchung oder keine Gelegenheit hatte.

BESITZ, Subst.: Ein Vorteil, der A erwächst, indem er B das Recht verweigert, das Eigentum von C zu nehmen.

BESTECHUNG, Subst.: Das, was ein Mitglied der kalifornischen Legislative befähigt, ohne jegliches unehrliche Wirtschaften von seinem Gehalt zu leben.

BETEN, Verb: Darum bitten, daß die Gesetze des Universums zugunsten eines einzelnen Bittstellers für nichtig erklärt werden, der dessen offenbar unwürdig ist.

BETRUG, Subst.: Lebensinhalt des Handels, Seele der Religion, Lockmittel beim Liebeswerben und Grundlage politischer Macht.

BETRÜGER Subst.: Ein konkurrierender Bewerber um öffentliche Ehrungen.

BETRUNKEN, Adj.: blau, besoffen, zu, beschwipst, angesäuselt, stinkbesoffen, voll, bezecht, beduselt, schiefgeladen, berauscht, trunken, stockbesoffen, gehoben, duhn, grau, halb drüben, sternhagelvoll, angeheitert, benebelt, blerselig, angetüdelt, weggetreten, ausgerastet, angegast usw.

BETTLER, Subst.: Eine Pest, die den leidenden Reichen auf unangenehme Weise befällt.

BEVORSTEHEND, Adj.: Das Chaos.

BEVORZUGUNG Subst.: Ein Empfinden oder Geisteszustand, der auf der irrigen Annahme fußt, daß ein Ding besser sei als ein anderes.
Ein alter Philosoph, der die Überzeugung vertrat, das Leben
sei nicht besser als der Tod, wurde von einem Schüler gefragt,
warum er dann nicht stürbe. »Weil der Tod nicht besser als das
Leben ist«, erwiderte er. »Dieses ist länger.«

BEWEGUNG, Subst.: Eine Eigenschaft, Bedingung oder ein Zustand der Materie. Die Existenz und Moglichkeit der Bewegung wird von vielen Philosophen bestritten. Sie weisen darauf hin, daß ein Ding sich nicht dort bewegen kann, wo es ist, und auch nicht da, wo es nicht ist. Andere sagen mit Galileo. ›Und sie bewegt sich doch.‹ Es ist nicht Sache des Lexikographen, hier zu entscheiden.
›Wie bezaubernd ist göttliche Philosohie!.‹ Milton

BEWEIS, Subst.: Ein Tatumstand, der eine Spur plausibler ist als der der Unwahrscheinlichkeit. Die Aussage zweier glaubwürdiger Zeugen im Gegensatz zu der nur eines einzelnen.

BEWUNDERUNG, Subst.: Unser höfliches Eingeständnis der Übereinstimmung eines anderen mit uns selbst.

BIBEL, Subst.: Die heilige Schrift unserer heiligen Religion im Unterschied zu den unwahren und gottlosen Werken, auf die sich alle anderen Glaubenslehren gründen.

BIBELZITAT, Subst.: Auf der Kanzel veraltet, jetzt von der Politik verdrängt.

BIGAMIE, Subst.: Eine Geschmacksverirrung, für welche die Weisheit der Zukunft eine Strafe namens Trigamie zumessen wird.

BILDUNG, Subst.: Das, was dem Weisen seinen Mangel an Erkenntnis offenbart und dem Törichten verbirgt.

BIOGRAPHIE, Subst.: Der literarische Tribut, den ein kleiner Mann einem großen zollt.

BOTSCHAFTER, Subst.: Ein hochrangiger Gesandter, von einer Regierun in die Hauptstadt einer anderen geschickt, um den Willen seiner Gattin auszuführen.

BRANNTWEIN, Subst.: Ein Stärkungsmlttel fürs Herz, bestehend aus einem Teil Blitz und Donner, einem Teil Reue, zwei Teilen blutigen Mordes, einem Teil Tod-Hölle-und-Grab, zwei Teilen gereinigten Satans und vier Teilen heiligen Moses! Dosierung: standig einen Kopfvoll. Branntwein soll, nach Emerson, wie ich glaube, das Getränk der Helden sein. Ich würde anderen gewiß nicht raten ihn anzutasten. Nebenbei bemerkt schmeckt er recht gut.

BRECHMITTEL, Subst.: Eine Substanz, die den Magen veranlaßt ein jähes und enthusiastisches Interesse an äußeren Angelegenheiten zu bekunden.

BUDDHISMUS, Subst.: Eine widerliche Form religiösen Irrtums, die boshafterweise von etwa drel Vierteln der menschlichen Rasse bevorzugt wird. Nach Rev. Dr. Stebbins ist sie der Religion, welche auszulegen er die Ehre hat, unendlich überlegen. Deshalb gibt es sie.

BUSSFERTIG, Adj.: Bestrafung erleidend oder erwartend.



CHOR, Subst.: In der Oper eine Bande heulender Derwische, die den Zuhörern Angst einjagen, während die Sanger Luft holen.


DADO, Subst.: Etwas Dekoratives, für das die Ästheten keine bessere Bezeichnung wissen.

DAME, Subst.: So bezeichnen Menschen von niedriger Gesinnung eine Frauensperson. Ein Vizegouverneur von Kalifornien und Direktor des Staatsgefangnisses meldete einst die Zahl der in seiner Obhut befindlichen Gefangenen: ›931 Männer und 27 Damen.‹

DANKBARKEIT, Subst.: Ein Gefühl, das zwischen empfangener und erwarteter Wohltat liegt.

DEGRADIERUNG, Subst.: Eine der Stufen moralischen und sozialen Fortschritts von privater Stellung zu politischer Beförderung.

DEJEUNER, Subst.: Das Frühstück eines Amerikaners, der in Paris gewesen ist. Aussprache unterschiedlich.

DEMAGOGE, Subst.: Ein politischer Gegner.

DEMUT, Subst.: Schickliche und allgemein übliche Geisteshaltung angesichts von Reichtum oder Macht. Besonders einem Angestellten zu empfehlen, wenn er sich an seinen Dienstherrn wendet.

DEUTSCHER, Subst.: Ein Kerl, der mächtig stolz war (und mächtig fade dazu), von Deutschland ›rüberzukomm‹. Is’s nich so?

DIAGNOSE, Subst.: Die Vorhersage eines Arztes über den Verlauf einer Krankheit anhand des Pulsschlags und der Geldbörse des Patienten.

DIPLOMATIE, Subst.: Die patriotische Kunst, fürs Heimatland zu lügen.

DISKUSSION, Subst.: Eine Methode, andere in ihren Irrtümern zu bestärken.

DOKTOR, Subst: Ein Herr, der durch Krankheit gedeiht und an Gesundheit stirbt.

DOLMETSCHER, Subst.: Jemand, der zwei verschiedene Sprachen sprechende Personen in die Lage versetzt, einander zu verstehen, indem er ihre Worte jeweils so wiedergibt, daß sie ihm zum Vorteil gereichen.

DRUCKTYPE, Subst.: Lästige Metallstücke, von denen man annimmt, daß sie Zivilisation und Aufklärung zerstören, ungeachtet ihres offensichtlichen Mitwirkens an diesem unvergleichlichen Wörterbuch.

DUMMKOPF, Subst.: Ein Mitglied der herrschenden Dynastie, in der Literatur und im Leben. Die Dummköpfe kamen mit Adam auf die Welt, und da sie sowohl zahlreich als auch robust waren, haben sie den bewohnbaren Teil der Erde überflutet. Das Geheimnis ihrer Macht liegt in ihrer Unempfindlichkeit für Schläge; man kitzelt sie mit einem Knüttel, und sie lachen mit einer nichtssagenden Bemerkung. Die Dummköpfe stammen ursprünglich aus Böotien, von wo die Gefahr sie vertrieb, Hungers zu sterben, da ihre Stumpfsinnigkeit die Ernten im Keime erstickte. Einige Jahrhunderte lang suchten sie Philistia heim, und viele von ihnen werden noch heute als Philister bezeichnet. In den stürmischen Zeiten der Kreuzzüge zogen sie sich von dort zurück und breiteten sich allmählich über ganz Europa aus, wobei sie bald die meisten hohen Posten in der Politik, Kunst, Literatur, Wissenschaft und Theologie innehatten. Da ein Kommando Dummköpfe mit den Pilgern auf der ›Mayflower‹ herüberkam und einen vorteilhaften Bericht über das Land lieferte, gestaltete sich ihr Zuwachs durch Geburt, Einwanderung und Bekehrung schnell und stetig. Den zuverlässigsten Statistiken nach beträgt die Zahl erwachsener Dummköpfe in den Vereinigten Staaten nur wenig unter dreißig Millionen, die Statistiker eingeschlossen. Das intellektuelle Zentrum dieser Rasse liegt etwa in der Gegend von Peoria, Illinois, aber der Neuengland-Dummkopf ist das haarsträubendste Gegenstück.

EGAL, Adj; Ebenso schlecht wie etwas anderes.

EHELICH, Adj.: (lat. con gegenseitig, und jugum das Joch). Bezieht sich auf eine volkstümliche Art von Zuchthausstrafe — das Zusammenkoppeln von zwei Narren durch einen Pfaffen.

EHRENRÜHRIG, Adj.: Etwas in der Art einer Exkommunizierung ohne jede Privilegien.

EHRGEIZ, Subst.: Ein überwältigendes Verlangen, zu Lebzeiten von den Feinden geschmäht und nach dem Tod von den Freunden lächerlich gemacht zu werden.

EHRLICH‚ Adj; In seinem Handeln durch eine Hemmschwelle behindert.

EID, Subst.: Im Gerichtswesen die feierliche Berufung auf eine Gottheit, für das Gewissen verbindlich durch eine Strafe für Meineid.

EIGENDÜNKEL, Subst.: Selbstachtung bei jemandem, der uns nicht gewogen ist.

EINDRINGLING‚ Subst.: Eine Person, die man nicht allzu überstürzt rausschmeißen sollte — es könnte ein Reporter sein.

EINMAL, Adv.: Genug.

EINWANDERER, Subst.: Eine unaufgeklärte Person, die glaubt, ein Land sei besser als ein anderes.

ELFENBEIN, Subst.: Ein von der Natur freundlicherweise zur Verfügung gestelltes Material zur Herstellung von Billardkugeln; es wird zumeist den Mäulern von Elefanten entnommen.

ELSTER, Subst.: Ein Vogel, dessen Neigung zu stehlen gewisse Leute auf den Gedanken brachte, man könne ihn das Sprechen lehren.

ELYSIUM, Subst.: Der Himmel der Alten. Nichts kann mehr belustigen als diese primitive Vorstellung: anstatt goldener Wolken, Harfen, Kronen und eines großen weißen Thrones gab es Felder, Haine, Flüsse, Blumen und Tempel. Im alten Elysium haben wir ein einzigartiges Beispiel für die Minderwertigkeit heidnischer Vorstellungen gegenüber christlichem Wissen.

EMOTION‚ Subst.: Eine kräftezehrende Krankheit, hervorgerufen durch die Anweisung des Herzens an den Kopf. Sie wird zuweilen von einem reichlichen Ausfluß Chlornatriumhydrats aus den Augen begleitet.

EMPFEHLUNG, Subst.: Der Tribut, den wir Leistungen zollen die den unseren ähneln, ihnen indes nicht gleichkommen.

ENTSCHLOSSEN, Adj; Beharrlich auf eine Art und Weise, die wir billigen.

(SICH) ENTSCHULDIGEN, Verb: Die Grundlage für eine künftige Kränkung legen.

EPIDEMIE, Subst.: Eine Krankheit von geselligem Wesen und mit wenig Vorurteilen.

EPIDERMIS, Subst.: Jene dünne Hülle, die unmittelbar außerhalb der Haut und unmittelbar innerhalb des Schmutzes liegt.

ERBÄRMLICH, Adj; Der Zustand eines Feindes oder Gegners nach einer imaginären Auseinandersetzung mit unsereinem.

EREMIT, Subst.: Eine Person, deren Laster und Torheiten von ungeselliger Natur sind.

ERFINDER, Subst.: Eine Person, die Räder, Hebel und Federn in sinnreicher Weise anordnet und glaubt, das sei Zivilisation.

ERFOLG, Subst.: Die einzige unverzeihliche Sünde wider seinen Nächsten. In der Literatur, insbesondere in der Dichtkunst, sind die Elemente des Erfolgs höchst einfach und werden in den folgenden Zeilen des ehrwürdigen Pater GassalascabJape, die aus rätselhaftem Grund ›John A. Joyce‹ betitelt sind, auf bewundernswerte Weise dargelegt.
Was macht einen Dichter und führt ihn zum Glück?
Prosaischen Geist er bewahre,
Ein Buch, rotes Halstuch, entrückten Blick
Und hexameterlange Haare.
Dein mageres Denken bekommt dem Leib gut;
Trägst lang du die Haare, dann sparst du den Hut.

ERFRISCHEND, Adj.: Einem Menschen zu begegnen, der alles glaubt, was er in der Zeitung liest.

(SICH) ERKENNTLICH ZEIGEN, Verb: Von der ›begabten Feder‹ eines Menschen zu schreiben, wenn dieser deine ›kühne Vorstellungskraft‹ erwähnt hat.

ERMÜDUNG, Subst.: Zustand eines Philosophen, nachdem er über menschliche Weisheit und Tugend nachgedacht hat.

ERMUTIGEN, Verb: Einen Toren in einer Torheit bestärken, die ihm allmählich Schmerz bereitet.

ERNST, Adj; Die kritischen Bemerkungen eines neiderüllten Greises über die Torheiten der Jugend.

ERREGUNG, Subst.: In der Moral ein Gefühl, in der Medizin eine Krankheit. Für eine junge Frau bedeutet eine Erregung des Herzens Liebe, für einen Arzt kann sie ein Anzeichen von Herzverfettung sein. Der Unterschied liegt lediglich in der Terminologie.

ERRÖTEN, Subst.: Ein früher besonders bei Frauen äußerst beliebtes Verfahren. In jüngerer Zeit jedoch als verlorene Kunst außer Gebrauch gekommen, wiewohl das moderne Fräulein durch fleißiges Üben noch immer irnstande sein wird, es zuwege zu bringen, auf die Gefahr hin, in Gewahrsam genommen und wegen Schlagfluß behandelt zu werden.

ERRUNGENSCHAFT, Subst.: Ende einer Bemühung und Geburt des Abscheus.

ERSTAUNLICH, Adj.: Nicht verstanden.

ERWARTUNG, Subst.; Jene Haltung oder Verfassung des Geistes, welcher in der Kette menschlicher Emotionen die Hoffnung vorausgeht und die Verzweiflung folgt.

ESSBAR, Adj.: Angenehm zu verspeisen und gut zu verdauen, wie ein Wurm fur die Kröte, die Kröte für eine Schlange, die Schlange für ein Schwein, das Schwein für einen Menschen und der Mensch für einen Wurm.

EVOLUTION, Subst.: Der Prozeß‚ nach dem die höheren Organismen sich allmählich aus den niederen entwickelt haben, wie der Mensch aus dem hilfebedürftigen Einwanderer, der Staatsbeamte aus dem Gefängnisaufseher, der Dieb aus dem Staatsbeamten usw.

EVANGELIST, Subst.: Überbringer guter Nachricht, besonders (im religiösen Sinne) solcher, die uns des eigenen Heils und der Verdammnis unserer Nachbarn versichern.

EXZENTRIZITÄT, Subst.: Ein so billiges Verfahren, sich hervorzuheben, daß Narren es anwenden, um ihre Unfähigkeit zu betonen.

Quelle: »Aus dem ›Wörterbuch des Teufels‹«, (Übersetzt von Ruprecht Willnow), in: Ambrose Bierce: Ausgewählte Werke. (Hrg. Utz Riese). Sammlung Dieterich, Band 409 (Großformat), 1993. ISBN 3 7350 0159 9. Zitiert wurden die Seiten 414 bis 423

Die verwendeten Initialen stammen aus der englischen Online-Ausgabe, präsentiert von Authorama.


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Bellerofonte Castaldi: Battaglia d’amore. | Georg Friedrich Kersting: Lesender bei Lampenlicht.


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