1952 schrieb Adolf Busch diese Worte, sein Wunsch sollte sich jedoch nicht mehr erfüllen. Zwar vermochte er noch, die Komposition und Reinschrift des Sechsten Psalm für Chor, Orchester und Orgel op. 70 abzuschließen. Doch drei Tage nach der Fertigstellung der Partitur starb der 61jährige in Guilford im US-Staate Vermont.
An diesem 9. Juni 1952 endete eine glanzvolle Karriere, der man das Attribut schillernd nur deshalb verweigern möchte, weil es zu sehr mit dem Beigeschmack des Virtuosentums und der Starallüren gewürzt ist. Selbst bei großzügigster Auslegung hätte man nichts von alledem auf Adolf Busch anwenden können. Er beherrschte sein geigerisches Handwerk mit einer solchen Brillanz, dass er sogar das überdimensionierte und auch heute noch weithin unverstandene Violinkonzert A-dur op. 101 von Max Reger im Repertoire hatte und als Gründer des legendären Busch-Quartetts die interpretatorischen Zügel so fest in der Hand hielt, wie es sich für einen Primarius schickt: mit dem Pianisten Rudolf Serkin, der 1939 sein Schwiegersohn wurde, verband ihn eine jener Traumpartnerschaften, die Musikgeschichte schrieben; sogar als Leiter eigener Kammerensembles konnte er seine künstlerischen Vorstellungen auf eine Weise realisieren, die allgemeine Anerkennung fanden.
Adolf Busch in jugendlichen Jahren |
Man bedenke, dass Adolf Busch schon im April 1933 aufgrund der einsetzenden Judenverfolgungen sämtliche deutschen Konzertverpflichtungen absagte und allen Lockrufen des Nazi-Regimes widerstand. dem natürlich daran gelegen war, den prominenten Musiker für ihre Propaganda-Maschinerie zu missbrauchen.
Busch, der bereits 1927 seinen Wohnsitz nach Basel verlegt hatte, ließ sich nicht fangen. Vielmehr gab er fünfeinhalb Jahre nach der Machtergreifung in Deutschland auch den Italienern den Abschied, zu dem er sich „durch die unwürdige Nachahmung der barbarischen Judengesetze des Dritten Reiches“ veranlasst sah. Und wieder ein Jahr später (1939) wanderte die Familie Busch-Serkin nach Amerika aus.
Diesen spektakulären Maßnahmen eines unbeugsamen Geistes stehen zahllose Beispiele des Musikers zur Seite. Nachdem Adolf Busch als Schüler des Kölner Konservatoriums 1909 Max Reger kennen gelernt und ein Jahr später unter dessen Leitung das vermeintlich kaum aufführbare Violinkonzert in Berlin gespielt hatte, veranstalteten der Komponist und sein Interpret immer wieder kammermusikalische Konzerte, die um die gemeinsamen Favoriten Bach und Brahms kreisten. Während sich aber Reger im Umgang mit dem Originaltext „schöpferische“ Freiheiten nahm, bestand Busch so nachdrücklich auf der Beachtung der Noten, dass es zwischen schwächeren Gemütern wohl zum endgültigen Bruch gekommen wäre.
Adolf Busch (1891-1952) |
Adolf Buschs prophylaktische Ablehnung Schrekers wäre - sofern sie denn der Wahrheit entspricht - desto verwunderlicher, als er selbst in seinen Kompositionen nicht eben ein Kind tonaler Traurigkeit war. Gewiss, seine eigenen schöpferischen Wurzeln hatte er in einen anderen, scheinbar traditionelleren Boden geschlagen. Doch wer wollte behaupten, dass das Vorbild Max Reger, das auf Buschs Schaffen einen erheblichen Einfluss ausgeübt hat, sich noch unterwürfig an die althergebrachten harmonischen Gesetze gehalten habe - nur weil er sich als Kontrapunktiker und nicht als Farbenkünstler des Fin de siècle gebärdete?
Ein geradezu rigoroser Kontrapunktiker war auch Adolf Busch. Der Kompositionsschüler von Fritz Steinbach und Hugo Grüters (seinem späteren Schwiegervater) präsentierte sich schon früh auf Max Regers Spuren - so in seinen Variationen und Fuge über ein Thema von Franz Schubert für zwei Klaviere op. 2 (1909) oder mit Praeludium und Passacaglia für zwei Violinen und Klavier op. 4 (1912).
Das in den Jahren 1918 und 1919 entstandene, äußerlich traditionell viersätzige Klaviertrio op. 15 enthält sich nun ebenso wenig der radikalen Linienführung wie jener tonalen Ausflüge, die eine Fülle zusätzlicher Vorzeichen erforderlich machen, weil sie - kaum dass die Musik begonnen hat - mit unbändiger Kraft aus dem Rahmen des vorab umrissenen Tonraumes hinausdrängt, ganz so, als ob die Wahrung der Einzelstimmen wiederum eine Frage der persönlichen lntegrität sei. Dabei sind die grundlegenden Motive der Entwicklung durchaus einfacher Natur; ihre Schichtung aber und komplexe assoziative Verflechtung resultieren in Gebilden, die ihre eigene Modernität nicht verbergen können.
Das Busch-Quartett: Adolf Busch (1.Violine), Gösta Andreasson (2.Violine), Hermann Busch (Cello), Karl Doktor (Viola). |
Dazu passt auch. dass er just zur Zeit der zweiten Violinsonate mit seinem Bruder Fritz die Aufführung des Regerschen Violinkonzertes plante und zu diesem Zwecke eine Bearbeitung herstellte‚ die nicht auf die sonst üblichen Kürzungsversuche setzte, sondern statt dessen die Auflichtung der polyphonen Geflechte zum Ziele hatte. Und erneut zeigt sich der integre Umgang mit den Noten anderer: Busch ließ sich von den Tempoangaben des Komponisten leiten, die - wären sie in der Originalfassung realisierbar gewesen - das Werk beinahe 15 Minuten „kürzer“ gemacht hätten und jetzt, nach der Ausforstung des instrumentalen „Unterholzes“ tatsächlich zu verwirklichen waren: Ohne einen Schnitt in die Erfindung zu führen, vollbrachte er das Kunststück, die Partitur, die Reger selbst gegen Ende seines Lebens verleidet war, im Sinne ihres Erfinders zu durchleuchten.
So profitierte posthum der Ältere von der Entwicklung, die der Jüngere im Laufe seiner eigenen Entwicklung genommen hatte. Umgekehrt dürfte Buschs Schaffen heute seinen Nutzen aus der Reger-Renaissance der jüngsten Zeit ziehen und posthum zumindest zu einigen Ehren kommen. Zu entdecken gäbe es wahrlich genug.
Quelle: EvH, im Booklet
TRACKLIST Adolf Busch (1891-1952) Trio for Piano; Violin and Cello in A minor (a-moll) op. 15 1 Allegro agitato 9'00 2 Scherzo. Vivace - Molto meno mosso 4'35 3 Largo 6'47 4 Finale. Allegro moderato, ma con fuoco 6'42 Violin Sonata No.2 in A minor (a-moll) op. 56 5 Allegro ma non troppo 9'08 6 Adagio ed espressivo 5'30 7 Molto vivace. quasi Presto 2'13 8 Allegretto amabile 9'13 Total Time: 53'50 Gottfried Schneider Violin Christian Brunnert, Cello Dieter Lallinger, Piano (1-4) Alfons Kontarsky, Piano (5-8) Recorded: V. 1993 (1-4) | V. 1990 (5-8), Studio 3 BR Producer/Tonmeister: Michael Kempff (1-4) | Jörg Moser (5-8) Balance Engineer/Toningenieur: Peter Jütte (1-4) | Alfons Seebacher (5-8) (P)+(C) 2003
Emily Dickinson
17 Gedichte - und eines
Daguerreotype taken at Mount Holyoke, December 1846 or early 1847; the only authenticated portrait of Emily Dickinson after childhood |
I never lost as much but twice - And that was in the sod. Twice have I stood a beggar Before the door of God! Angels - twice descending Reimbursed my store - Burglar! Banker - Father! I am poor once more! | Schon zweimal nahm das Grab mir So viel wie nie zuvor. Schon zweimal stand ich bettelnd Vor Gottes Himmelstor! Schon zweimal haben Engel Mich wieder ausstaffiert - Räuber! Banker - Vater! Bin wieder ruiniert! |
[39] |
I’ll tell you how the Sun rose - A Ribbon at a time - The Steeples swam in Amethyst - The news, like Squirrels, ran - The Hills untied their Bonnets - The Bobolinks - begun - Then I said softly to myself - »That must have been the Sun«! But how he set - I know not - There seemed a purple Stile That little Yellow boys and girls Were climbing all the while - Till when they reached the other side - A Dominie in Gray - Put gently up the evening Bars - And led the flock away - | Ich sag dir wie die Sonne aufging - Ein Band jeweils erschien - In Amethyst die Türme schwammen - Die Kunde davon sprang Wie Eichkätzchen - die Berge Nun barhaupt - Vogelsang - Da sagte ich mir leis - »Das muss Das Werk der Sonne sein!« Doch wie sie sank - Ich weiß nicht - Da war ein Purpurzaun Wo Jungen, Mädchen, klein und gelb Wild kletterten herum - Bis sie hinüber fanden - Ein Grauer Pastor kam - Sacht Abendschranken setzte - und Die Herde mit sich nahm - |
[204] |
Emily Elizabeth, Austin, and Lavoinia Dickinson by Otis Allen Bullard, oil on canvas, ca. 1840, Houghton Library, Harvard University |
How the old Mountains drip with Sunset How the Hemlocks burn - How the Dun Braked is draped in Cinder By the Wizard Sun - How the old Steeples hand the Scarlet Till the Ball is full - Have I the lip of the Flamingo That I dare to tell? Then, how the Fire ebbs like Billows - Touching all the Grass With a departing - Sapphire - feature - As a Duchess passed - How a small Dusk crawls on the Village Till the Houses blot And the odd Flambeau, no men carry Glimmer on the Street - How it is Night - in Nest and Kennel - And where was the Wood - Just a Dome of Abyss is Bowing Into Solitude - These are the Visions flitted Guido - Titian - never told - Domenichino dropped his pencil - Paralyzed, with Gold - | Wie Abendrot die Berge badet Wie der Tann erglüht - Wie Magier Sonne Unterholz Mit Zunder überzieht - Wie alte Türme Scharlach schenken Bis der Ball ist voll - Hab ich die Lippen des Flamingo Dass ich davon erzähl? Dann‚ wie das Feuer wogt und ebbend Hinwellt übers Grün Mit einem letzten - Saphirzeichen - Wie eine Herzogin - Wie leichtes Düstern übers Dorf zieht Bis Häuser sind ein Fleck Und in den Straßen Fackeln schimmern, Die keine Hand dort trägt - Wie’s nachtet jetzt - in Heim und Höhle - Und wo der Wald stand einst - Sich rundgewölbt ein Abgrund öffnet In die Einsamkeit - Diese Bilder flohen Guido - Tizian - schwieg davon - Domenichino warf den Stift hin - War gelähmt, von Gold - |
[327] |
How noteless Men, and Pleiads, stand Until a sudden sky Reveals the fact that One is rapt Forever from the eye - Memhers of the Invisible, Existing, while we stare, In Leagueless Opportunity, O’ertakeless, as the Air - Why did’nt we detain Them? The Heavens with a smile, Sweep by our disappointed Heads, Without a syllable - | Wie unbemerkt stehn Mensch, und Stern Da offenbart der Himmel Per Handstreich, dass uns Einer fehlt Dem Aug geraubt für immer - Die Mitglieder des Unsichtbaren, Sind, wie wir starren, da In Meilenloser Möglichkeit Wie Luft, nicht einholbar - Wir hielten sie nicht auf - warum? Die Himmel lächeln milde, Wehn uns um die enttäuschten Köpfe, Ohne eine Silbe - |
[342] |
A possible portrait of Emily Dickinson |
This World is not conclusion. A Species stands beyond - Invisible, as Music - But positive, as Sound - It beckons‚ and it baffles - Philosophy, dont know - And through a Riddle, at the last - Sagacity, must go - To guess it‚ puzzles scholars - To gain lt, Men have borne Contempt of Generations And Crucifixion, shown - Faith slips - and laughs, and rallies - Blushes, lf any see - Plucks at a twig of Evidence - And asks a Vane, the way - Much Gesture, from the Pulpit - Strong Hallelujahs roll - Narcotics cannot still the Tooth Than nibbles at the soul - | Die Welt ist nicht der Schluss. Weil drüben Etwas wohnt Unsichtbar, wie Musik - So wirklich, wie ein Ton - Das winkt und nasführt uns - Philosophie, weiß nichts - Und durch ein Rätsel muss hindurch Am Ende - auch der Witz - Es raten, macht Gelehrte wirr - Es zu ergreifen, trug So mancher der Geschlechter Hohn Das Mal der Kreuzigung - Der Glaube rutscht - lacht, sammelt sich - Wird rot, wenn’s einer sah - Zupft an dem Zweig der Evidenz - Geht nach der Wetterfahn - Gefuchtel, von der Kanzel - Macht Hallelujas stark - Kein Opium bringt den Zahn zur Ruh Der an der Seele nagt - |
[373] |
I had been hungry, all the Years - My Noon had Come - to dine - I trembling drew the Table near - And touched the Curious Wine - 'Twas this on Tables I had seen - When turning, hungry, Home I looked in Windows, for the Wealth I could not hope - for Mine - I did not know the ample Bread - 'Twas so unlike the Crumb The Birds and I, had often shared In Nature’s - Dining Room - The Plenty hurt me - ’twas so new - Myself felt ill - and odd - As Berry - of a Mountain Bush - Transplanted - to the Road - Nor was I hungry - so I found That Hunger - was a way Of persons Outside Windows - The entering - takes away - | Ich hatte Hunger, all die Jahre - Doch nun - mein Mittag kam - Den Tisch zog bebend ich heran Nahm vom Speziellen Wein - ’s war der, den aufgetischt ich sah - Wenn ich ging hungrig Heim In Fenster spähend, nach dem Reichtum Der niemals würde - Mein - Brotüberfluss - das kannt ich nicht Ich kannte Krümel nur Die mit den Vögeln ich geteilt Am Esstisch - der Natur - Die Fülle tat mir weh - war neu - Krank fühlt ich mich - bizarr - Verpflanzt auf Straßen wie die Beere Die einst Gebirgsbusch war - War auch nicht hungrig - und ich fand Dass Hunger etwas war Das Leute nur vor Fenstern kriegen - Beim Reingehn - nicht mehr da - |
[439] |
Another possible portrait of Emily Dickinson |
I dwell in Possibility - A fairer House than Prose - More numerous of Windows - Superior - for Doors - Of Chambers as the Cedars - Impregnable of eye - And for an everlasting Roof The Gambrels of the Sky - Of Visitors - the fairest - For Occupation - This - The spreading wide my narrow Hands to gather Paradise - | Ich wohne in der Möglichkeit - Und nicht im Prosahaus - Sie ist an Fenstern reicher - Hat Türen - übergroß - Und Zimmer wie die Zedern - Von keinem Blick durchschaut - Als ewges Dach der Himmel Die Giebel drüber baut - Besuch - der allerschönste - Beschäftigung - nur Dies - Ich spreiz die schmalen Hände weit Und fass das Paradies - |
[466] |
Because I could not stop for Death - He kindly stopped for me - The Carriage held but just Ourselves - And Immortality. We slowly drove - He knew no haste And I had put away My labor and my Ieisure too, For His Civility - We passed the School, where Children strove At Recess - in the Ring - We passed the Fields of Gazing Grain - We passed the Setting Sun - Or rather - He passed Us - The Dews drew quivering and Chill - For only Gossamer, my Gown - My Tippet - only Tulle - We paused before a House that seemed A Swelling of the Ground - The Roof was scarcely visible - The Cornice - in the Ground - Since then - ’tis Centuries - and yet Feels shorter than the Day I first surmised the Horses’ Heads Were toward Eternity - | Weil ich belm Tod nicht halten konnt - Stand freundlich er bereit - Die Kutsche trug Uns beide nur - Und die Unsterblichkeit - Gemächlich ging's - Ihm eilt es nicht - Und ich tat ab von mir Mein Mühen und mein Müßiggehn, Da Er so höflich war - Am Schulhof, wo die Kinderschar In Pausenspielen - rang - Vorbei - es Starrt das Korn - vorbei - Am Sonnenuntergang - Vielmehr - Der ging an Uns vorbei - Der Tau ?el schaudernd Kühl - Nur ein Gespinst war mein Gewand - Mein Umhang - bloß aus Tüll - Wir machten Halt vor einem Haus Das wölbte sich im Grund - Das Dach war kaum zu sehn - Gesims - Lag tief schon unterm Grund - Jahrhunderte ist’s her - und scheint Doch kürzer als die Zeit Da ich drauf kam - die Pferdeköpfe Sehn Richtung Ewigkeit - |
[479] |
Handwriting manuscript of Emily Dickinson of her poem "Wild nights, wild nights". |
A precious - mouldering pleasure - ’tis - To meet an Antique Book - In just the Dress his Century wore - A privilege - I think - His venerable Hand to take - And Warming in our own - A passage back - or two - to make - To Times when he - was young - His quaint opinions - to inspect - His thought to ascertain On Themes concern our mutual mind - The Literature of Man - What interested Scholars - most - What Competitions ran - When Plato - was a Certainty - And Sophocles - a Man - When Sappho - was a living Girl - And Beatrice wore The Gown that Dante - deified - Facts Centuries before He traverses - familiar - As One should come to Town - And tell you all your Dreams - were true - He lived - where Dreams were born - His presence is enchantment - You beg him not to go - Old Volumes shake their Vellum Heads And tantalize - just so - | Ein kostbar - modriges Vergnügen - Zu sehn ein Altes Buch - Im Kleid seines Jahrhunderts - Ein Privileg - denk ich - Die ehrwürdige Hand zu fassen - Dass unsre sie erwärmt - Und ein - zwei Rückreisen zu tun - In seine Jugendzeit - Sein kurioses Urteil - prüfen - Sein Denken zu erkunden Zu Themen die uns alle angehn - Die Literatur des Menschen - Was die Gelehrten fesselte - Was für ein Wettkampf lief - Als Plato sichre Größe - und Ein Mann war - Sophokles - Als Sappho - junges Mädchen war - Und Beatrice getragen Das Kleid das Dante - heilig sprach - Stoff von viel hundert Jahren Durchquert das Buch - vertraut - Als käme Einer her - Der lebte - als das Träumen aufkam - Und nennt dein Träumen - wahr - Seine Präsenz ist magisch - Du bittest ihn - so bleib - Den Pergamentkopf schütteln Bücher So - foltert uns ihr Reiz - |
[569] |
The Way l read a Letter's - this - 'Tis first - I lock the Door - And push it with my fingers - next - For transport it be sure - And then I go the furthest off To counteract a knock - Then draw my little Letter forth And slowly pick the lock - Then - glancing narrow, at the Wall - And narrow at the floor For firm Conviction of a Mouse Not exorcised before - Peruse how infinite I am To no one that You - know - And sigh for lack of Heaven - but not The Heaven God bestow - | Auf die Art les ich einen Brief - Den Riegel schieb ich erst - Dann - um Transport und Rausch zu sichern - Wird nochmals nachgefasst - Dann lauf ich fort so weit es geht - Vergeblich einer klopft - Zieh meinen Brief vor, langsam wird Das Siegel aufgezupft - Dann - inspiziere ich den Boden - Erforsche auch die Wand - Und bin gewiss - hier hat man eine Maus noch nicht verbannt - Dann les ich, les wie grenzenlos Ich bin für - Unbekannt - Dem Himmel seufz ich nach - doch nicht Nach dem, den Gott bewohnt - |
[700] |
One of Emily Dickinson's poems written on an envelope. |
As imperceptibly as Grief The Summer lapsed away - Too imperceptible at last To seem like Perfidy - A Quietness distilled As Twilight long begun, Or Nature spending with herself Sequestered Afternoon - The Dusk drew earlier in - The Morning foreign shone - A courteous, yet harrowing Grace, As Guest, that would be gone - And thus, without a Wing Or Service of a Keel Our Summer made her light escape Into the Beautiful - | Unmerklich wie ein Kummer Schlich sich der Sommer fort - Zu unmerklich zuletzt als dass Es aussah wie Verrat - Ruh tröpfelte herab Diffus war längst das Licht, Eh die Natur den Nachmittag Beschlagnahmte für sich - Die Dämmerung kam früher - Fremd schien die Morgenhelle - Anmutig höflich, quälerisch, Ein Gast, schon auf der Schwelle Und so, ganz ohne Kiel Und ohne eine Schwinge Entwischte uns der Sommer sacht - Auf seinem Weg ins Schöne - |
[935] |
The last Night that She lived It was a Common Night Except the Dying - this to Us Made Nature different We noticed smallest things - Things overlooked before By this great light opon our minds Italicized - as 'twere. As We went out and in Between Her final Room And Rooms where Those to be alive Tomorrow, were, a Blame That others could exist While She must finish quite A Jealousy for Her arose So nearly infinite - We waited while She passed - It was a narrow time - Too jostled were Our Souls to speak At length the notice came. She mentioned, and forgot - Then lightly as a Reed Bent to the Water, struggled scarce - Consented, and was dead - And We - We placed the Hair - And drew the Head erect - And then an awful leisure was Belief to regulate | Die letzte Nacht in Ihrem Leben War wie jede Nacht Nur dass Sie starb und das hat alles Ungewohnt gemacht Uns fiel Geringstes auf Sonst übersehn, und jetzt Schien’s durch dies Schlaglicht im Gemüt Als wär's kursiv gesetzt. Wie man ging aus und ein Von Ihrem letzten Raum In Zimmer, drin die Lebenden Von Morgen wärn, da kam Ein Vorwurf auf, dass andere Noch lebten wenn Sie stirbt Und Neid auf Sie, die nun schon fast Im Grenzenlosen weilt - Wir warteten, Sie glitt davon - Die Zeit war nun beengt - Die Seel für Worte zu bedrängt Da endlich kam der Wink. Sie sprach von etwas, und vergaß - Danach Sie leicht sich bog Wie Schilf zum Wasser, kampflos fast - Ergab sich und war tot - Und Wir - Wir ordneten ihr Haar - Und reckten ihr das Haupt - Dann kam der schlimme Zeitvertreib, Zu ordnen was man glaubt - |
[1100] |
Cover of the first edition of Poems, published in 1890 |
The Mountains stood in Haze - The Valleys stopped below And went or waited as they liked The River and the Sky. At leisure was the Sun - His interests of Fire A little from remark withdrawn - The Twilight spoke the Spire. So soft opon the Scene The Act of evening fell We felt how neighborly a thing Was the Invisible. | Die Berge standen still im Dunst Die Täler hielten unten Nach Gusto strömten Wolke, Fluss Und legten sich zur Ruhe. Die Sonne hatte frei - Ihr feuriger Gewinn War unsrer Achtung schon entzogen - Im Zwielicht scharf der Turm. So weich auf diese Bühne sank Der Akt des Abends nun Wir spürten wie das Unsichtbare Als Nachbar uns empfing. |
[1225] |
Tell all the truth but tell it slant - Success in Circuit lies Too bright for our infirm Delight The Truth’s superb surprise As Lightning to the Children eased With explanation kind The Truth must dazzle gradually Or every man be blind - | Sag Wahrheit ganz, doch sag sie schräg - Erfolg liegt im Umkreisen Zu strahlend tagt der Wahrheit Schock Unserem Begreifen Wie Blitz durch freundliche Erklärung Gelindert wird dem Kind Muss Wahrheit sachte blenden Sonst würde jeder blind - |
[1263] |
Emily Dickinson's bedroom, with her white dress on a mannequin. [From the Emily Dickinson Museum]. |
To flee from memory Had we the Wings Many would fly Inured to slower things Birds with surprise Would scan the cowering Van Of men escaping From the mind of man | Vor dem Gedächtnis fliehn Gäb’s dafür Schwingen Flögen wohl viele fort Gewöhnt an dumpfre Dinge Und Vögel prüften Die geduckte Vorhut überrascht Der Menschheit, die dem Menschengeist entwischt |
[1343] |
I do not care - why should I care And yet I fear I'm caring To rock a fretting truth to sleep - Is short security The terror it will wake Persistent as perdition Is harder than to face The frank adversity - | Mich kümmert's nicht - warum denn auch Ich fürcht mich kümmert's doch ’ne schlimme Wahrheit einzuschläfern - Gibt Sicherheit nur kurz Der Schrecken dass sie aufwacht Und bleibt wie ein Ruin Ist ärger als der Widrigkeit Direkt ins Auge sehn - |
[1534] |
Emily Dickinson commemorative stamp, US, 8 cent from 1971 |
Those - dying then, Knew where they went - They went to God's Right Hand - That Hand is amputated now And God cannot be found - The abdication of Belief Makes the Behavior small - Better an ignis fatuus Than no illume at all - | Die damals starben, Wussten wohin's ging - Zu Gottes Rechter Hand - Doch jene Hand ist amputiert - Von Gott sich nichts mehr fand - Die Abdankung des Glaubens Macht das Verhalten klein - Besser als ein totales Dunkel Mag da ein Irrlicht sein - |
[1581] |
To make a prairie it takes a clover and one bee, One clover, and a bee, And revery. The revery alone will do, If bees are few. | Für eine Wiese braucht es Klee und Bienen, Je eins von ihnen, Und Träumerei. Die Träumerei tut’s auch allein, Bei wenig Bienen. |
[1779] |
Alle erhaltenen 1789 Gedichte von Emily Dickinson (1830-1886) wurden in der zweisprachigen Ausgabe "Sämtliche Gedichte", übersetzt von Gunhild Kübler, 2015 im Carl Hanser Verlag München, veröffentlicht (ISBN 978-3-446-24730-7), womit erstmals eine amerikanisch-deutsche Gesamtausgabe vorliegt. Als Textgrundlage hat die Übersetzerin Franklins "Reading Edition" herangezogen. ("The Poems of Emily Dickinson. Reading Edition." Hrg. Ralph W. Franklin, Mass.: Harvard University Press, 1999).
Die ausgewählten Gedichte erscheinen hier in der Chronologie ihrer Entstehung - mit der Ausnahme des letzten, das nicht datiert werden konnte. (Dies erklärt auch den Titel "17 Gedichte, und eines"). "Wie bei Franklin sind Dickinsons Orthografie und Interpunktion beibehalten und ihre Gedankenstriche einheitlich gesetzt, egal wie lang, kurz, eckig, hoch oder tiefgelegt sie in den Manuskripten erscheinen." (G. Kübler).
The Emily Dickinson Museum comprises two historic houses in the center of Amherst, Massachusetts associated with the poet Emily Dickinson and members of her family during the nineteenth and early twentieth centuries. The Homestead was the birthplace and home of the poet Emily Dickinson. The Evergreens, next door, was home to her brother Austin, his wife Susan, and their three children.
Und es hat noch mehr ausgewählte Musik in der Kammermusikkammer:
Turina | Zilcher | Dvorák: Klaviertrios | Ein Paradies fürs Auge: Gartendarstellungen auf Tapisserien der Renaissance
Béla Bartók: Sonate Violine Solo + Violinsonate Nr 1 | Jaroslav Hašek: Schwejk als Offiziersdiener bei Oberleutnant Lukasch
Gabriel Fauré: Die Klaviermusik in 4 CDs | Arthur Schopenhauer: Über die Freiheit des Willens
Max Bruch: Werke für Klarinette und Viola | Dame Edith Sitwell: Gedichte aus ›Façade‹
Heinrich Ignaz Franz von Biber: Die Rosenkranz-Sonaten | Die Kleinodien des Heiligen Römischen Reiches
Johann Heinrich Schmelzer: Sonatae unarum fidium, seu a violino solo | Max Liebermann: Über Edgar Degas
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CD Info and Scans (Tracklist, Covers, Pictures) 8 MB
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