Zur Aufführung 1968
Zur Legende der "Dreigroschenoper" gehört - neben dem turbulenten Verlauf der Proben für die Uraufführung - ihr verschlungener Weg durch die Schallplattengeschichte. Bis 1968, also bis vierzig Jahre nach der Berliner Premiere, sollte es dauern, bis die erste vollständige Fassung auf Platte erscheinen konnte, sowohl mit den Dialogen als auch mit den Songs. Die musikalische Leitung lag in Händen eines damals noch wenig bekannten Mannes: James Last. Ihm zur Seite stand ein Ensemble, das sich ebenso aus renommierten wie aus damals noch unbekannten Größen zusammensetzte. Man trifft nicht, wie gelegentlich in späteren Jahren, auf große Opernstimmen; man trifft ebenso wenig auf reine Revue-Sänger. Es ist vielmehr eine Melange aus echten Sing-Schauspielern: Helmut Qualtinger als Peachum und als dessen Gattin Berta Drews, Ehefrau von Heinrich George und Mutter von Götz. Karin Baal, die als "blonde Rebellin" den Zeitgeist der 50er und 60er Jahre verkörperte, sang und spielte Polly, Martin Held trat als Londons oberster Polizeichef auf, Dr. jur. Franz Josef Degenhardt, als Liedermacher eine der führenden Stimmen der 68er-Bewegung, übernahm die Rolle des Moritatensängers. Ein Jux am Rande: Als Ansager fungierte Deutschlands damals prominentester Nachrichtensprecher, Karl-Heinz Köpke. So entstand eine Aufnahme für den Platten-Hörer; daher wurde auf einige wenige bühnenrelevante Passagen verzichtet; es war eine Aufnahme, die in der Presse ein breites Echo fand, von entrüsteter Ablehnung bis enthusiastischer Begeisterung; eine Aufnahme, die niemanden kalt lassen wollte und konnte. In Brechts 50. Todesjahr [2006] ist diese Aufnahme dem Dornröschen-Schlaf in den Polydor-Archiven entrissen und dem Publikum nach digitalem remastering in neuem Klanggewand zugänglich gemacht worden. An der Aktualität des Werkes gibt es nichts zu deuteln. Für James Last hat Brechts und Weills Gemeinschaftsproduktion nach wie vor einen hohen Stellenwert: "Beide werden immer ihren Platz in den Kulturlandschaften haben müssen. Alleine dafür müssen wir allen jungen Interpreten dankbar sein, die immer wieder für neue Aufführungen sorgen.“
Quelle: Die Dreigroschenoper: Gesamtaufnahme Audio-CD – Hörbuch, 2006
TRACKLIST Kurt Weill (1900-1950) Bertolt Brecht (1898-1956) Die Dreigroschenoper Theaterstück mit Musik (01) Vorspiel 2:12 (02) Die Moritat von Mackie Messer 3:38 (Moritatensänger) (03) Morgenchoral des Peachum 1:04 (Peachum) (04) Der Anstatt-Dass-Song 1:49 (Peachum und seine Frau) (05) Bill Lawgen und Mary Syer 0:41 (Chor) (06) Die Seeräuber-Jenny 3:46 (Polly Peachum) (07) Der Kanonensong 2:31 (Brown / Mackie Messer) (08) Siehst du den Mond über Soho 1:36 (Polly Peachum / Mackie Messer) (09) Einst glaubte ich, als ich noch unschuldig war 4:45 (Polly Peachum) (10) Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit 2:15 (Frau Peachum) (11) Erstes Dreigroschenfinale: Über die Unsicherheit menschlicher Verhältnisse 3:37 (Polly Peachum / Peachum / Frau Peachum) (12) Hübsch als es währte - Die Liebe dauert oder dauert nicht 1:21 (Polly Peachum / Mackie Messer) (13) Die Zuhälterballade 4:28 (Mackie Messer / Spelunken-Jenny) (14) Die Ballade vom angenehmen Leben 2:44 (Mackie Messer) (15) Eifersuchtsduett 1:10 (Polly Peachum / Lucy Brown) (16) Zweites Dreigroschenfinale: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral 3:36 (Moritatensänger / Spelunken-Jenny / Chor) (17) Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit, 2. Teil 1:08 (Frau Peachum) (18) Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens 1:34 (Peachum) (19) Salomo-Sonq 3:23 (Spelunken-Jenny) (20) Ballade, in der Macheath jedermann Abbitte leistet 3:54 (Mackie Messer) (21) Drittes Dreigroschenfinale: Verfolgt das Unrecht nicht zu sehr 5:54 (Polly Peachum / Frau Peachum / Spelunken-Jenny / Mackie Messer / Brown / Peachum / Chor) (22) Die Moritat von Mackie Messer (Schluss) 1:24 (Moritatensänger) Gesamtspielzeit 58:30 Jonathan Jeremiah Peachum, Besitzer der Firma Bettlers Freund: Helmut Qualtinger Celia Peachum, seine Frau: Berta Drews Polly Peachum, seine Tochter: Karin Baal Macheath, genannt Mackie Messer: Hannes Messemer Brown, oberster Polizeichef von London: Martin Held Lucy seine Tochter: Sylvia Anders Spelunken-Jenny: Hanne Wieder Filch, ein Bettler: Hans Clarin Moritatensänger: Franz-Josef Degenhardt Ansager: Karl-Heinz Köpke Musikalische Leitung: James Last Aufnahme: 1968 Publikation: 2000
Heinrich Tietze:
DAS GROSSE FERMATSCHE PROBLEM
Buchdeckel der von Pierre de Fermats Sohn Clément-Samuel veröffentlichten Version der Arithmetica des Diophantos von 1670 mit den Bemerkungen seines Vaters. [Quelle] |
Wir beginnen mit den Quadratzahlen 12, 22, 32, ... und fragen, ob es möglich ist, daß die Summe zweier Quadratzahlen wieder eine Quadratzahl ist. Immer wird die Summe zweier Quadratzahlen ja nicht wiederum eine Quadratzahl sein. Beispielsweise ist 12 + 22 = 1 + 4 = 5 keine Quadratzahl; ebensowenig ist es 12 + 32 = 1 + 9 = 10, oder auch 22 + 32 = 4 + 9 = 13. Aber vorkommen kann es schon, wie man am Beispiel 32 + 42 = 9 + 16 sieht, wo die Summe 25 = 52 selbst eine Quadratzahl ist. Die Antwort auf unsere Frage fällt also bejahend aus, und wenn man sich noch ein wenig umtut, dann findet man noch mehr Beispiele, wie 52 + 122 = 25 + 144 = 169 = 132 oder 152 + 82 = 225 + 64 = 289 = 172. Man hat sogar — u. zw. schon im Altertum — eine vollständige Übersicht über alle möglichen solchen Fälle, deren es unendlich viele gibt, in Gestalt einer einfachen Formel sich verschaffen können.
Diese Seite der Arithmetica von 1670 enthält Pierre de Fermats Randbemerkung. [Quelle] |
daß für drei natürliche Zahlen x, y, z die Gleichung
x3 + y3 = z3
erfüllt wäre, obwohl mit der Frage, die ja im Anschluß an die Quadratzahlen recht nahe liegt, schon viele, denen die Neigung zum Basteln und Grübeln im Reich der ganzen Zahlen innewohnt, sich abgegeben haben. Die Vergeblichkeit des Suchens nach einer Lösung der Gleichung x3 + y3 = z3 in drei natürlichen Zahlen x, y und z ließ nun bei manchem Mathematiker den Verdacht entstehen, es möchte überhaupt gar keine solchen Zahlen geben, was ja der einfachste Grund sein würde, daß man bis jetzt keine Lösung fand. Und so hat denn — wie man einer Schrift entnimmt, die den Scheich Abu Dschafar Muhamed Ibn Allusain zum Verfasser hat — bereits der arabische Astronom und Mathematiker Alhogendi um 970 einen — wenn auch nicht ausreichenden — Versuch gemacht, einen Beweis für die Unlösbarkeit der Gleichung x3 + y3 = z3 in natürlichen Zahlen x, y, z zu geben. Auch bei dem persischen Mathematiker Beha Eddin (geb. 1547, gest. 1622 in Ispahan) kehrt die Angabe wieder, die Gleichung sei unlösbar.
Was bei den dritten Potenzen vergeblich gesucht worden war, mißlang auch bei den vierten Potenzen; nämlich zwei vierte Potenzen von natürlichen Zahlen zu finden, deren Summe wieder eine solche vierte Potenz ist: Auch Lösungen der Gleichung
x4 + y4 = z4
in natürlichen Zahlen x, y, z schienen nicht zu existieren oder allenfalls nur in so hohen Zahlbereichen, daß sie sich den naturgemäß mit nicht ganz großen Zahlen gemachten rechnerischen Versuchen entzogen. […]
Pierre de Fermat (1607-1665). Kupferstich von François de Poilly (1623-1693). [Quelle] |
xn + yn = zn
keine Lösung in natürlichen Zahlen x, y, z habe.
Was aber die ganze Problemstellung dauernd mit dem Namen Fermats verknüpft hat, war der Umstand, daß er, der zu den angesehensten Mathematikern seiner Zeit zählte, behauptet hat, er besitze einen Beweis für die Unlösbarkeit aller Gleichungen von der eingeschriebenen Gestalt, das ist also für alle Exponenten n von n = 3 aufwärts. Mit dieser Behauptung, nicht zuletzt mit der ganzen Art, wie so manche seiner Entdeckungen bekanntgeworden sind, hat es nun eine eigene Bewandtnis.
Seines großen Zeitgenossen und Rivalen René Descartes (1596 bis 1650), der in Europa kreuz und quer herumgekommen, schließlich, kurz nach seiner Ankunft am Hof der Königin Christine erst mit dem Tode Ruhe fand, haben wir in der III. Vorlesung gedacht. Wie ganz anders — fernab von den religiös-politischen und kriegerischen Kämpfen der Zeit des 30jährigen Krieges — verlief das Leben Pierre de Fermats, der am 17. August 1601 in dem kleinen Ort Beaumont de Lomagne bei Toulouse geboren, nur ganz selten aus Toulouse und seiner Umgebung herauskam; hier die Rechtswissenschaften studiert hatte, als er 1631 Parlamentsrat wurde, bald darauf sich verheiratete, in den folgenden Jahren geadelt wurde und am 12. Januar 1665 in Castres starb. Aber welche Fülle neuer Gedanken auf den verschiedensten Gebieten der Mathematik finden wir bei diesem Mann, dessen Tagesarbeit durch die regelmäßige Verwaltungstätigkeit seiner Vaterstadt in Anspruch genommen war! Fragen, die wir seit Newton (1643-1727) und Leibniz (1646-1716) mit dem systematisch durchgebildeten Rechenverfahren der Differential- und Integralrechnung erledigen, wurden schon damals von erfindungsreichen Mathematikern mit eigenen Methoden behandelt; und so wie Descartes hat hier Fermat Bedeutsames in der Lösung einzelner, speziell geometrischer Fragen, u. zw. mit einer genial gehandhabten Methode für Maximum- und Minimum-Probleme geleistet. Und wenn wir mit dem berühmten, 1637 erschienenen Buch „Géométrie“ von Descartes den Beginn einer „analytischen Geometrie“ datieren, so hatte gleichwohl auch Fermat‚ wie aus seinem Briefwechsel mit anderen Gelehrten nachweisbar ist, ganz unabhängig die Grundgedanken der analytischen Geometrie entwickelt, wenn er auch in keiner Weise die Priorität der Veröffentlichung Descartes bestreitet.
Marin Mersenne (1588-1648). Kupferstich von P. Dupin, 1765. [Quelle] |
Auf dem Gebiet der Algebra, von dem Descartes’ Buch „Géométrie“ mehr enthält, als der Titel verrät, mag man Descartes den Vorrang vor den ebenfalls nicht unbedeutenden Leistungen Fermats geben. Unbestritten aber steht auf dem Gebiet, zu dem unsere oben besprochene Frage über die Gleichungen xn + yn = zn gehört, und das wir heute als Zahlentheorie bezeichnen, Fermat an der Spitze nicht nur seiner Zeitgenossen, sondern geradezu weithin auf einsamer Höhe. Aber in sehr eigenartiger Weise ist gerade auf diesem Gebiet sein großer schöpferischer Gedankenreichtum auf uns gekommen.
Leonhard Euler (1707-1783). Pastel von Jakob Emanuel Handmann, 1753 [Quelle] |
Über Diophant selbst erfährt man zwar aus einem — im Sinn seiner eigenen Aufgaben verfaßten — hübschen Rätselgedicht), daß er 84 Jahre alt wurde; aber außer den wenigen Angaben über Frau und Kind, die hinein verwoben sind, weiß man eigentlich nur, daß er in Alexandria gewirkt hat, nicht aber wann; und es bleibt Mutmaßung, er sei Zeitgenosse des 361-363 n. Chr. regierenden römischen Kaisers Julian Apostata gewesen.
Wir überspringen nun rund 13 Jahrhunderte — vielleicht noch mehr — von der Abfassung des Diophantschen Werkes bis zu seiner ersten gedruckten Herausgabe im Jahre 1621. Und es ist ein Exemplar dieser Ausgabe, das eine besondere Bedeutung gewinnen sollte: dasjenige, das Fermat in Händen hatte. Auf den verschiedensten Seiten machte er Randbemerkungen, die tiefliegende, neue zahlentheoretische Erkenntnisse enthielten, ohne Angabe von Beweisen, wie er sie wohl manchmal anderwärts veröffentlicht hat. Raschen Publikationen waren ja weder die äußeren Umstände günstig, von denen wir schon kurz gesprochen haben und wozu wohl auch die berufliche Beanspruchung als Parlamentsrat zu rechnen ist, noch entsprachen sie den im Geist der Zeit gelegenen Neigungen von Fermat. Unter diesen Randbemerkungen zu Diophant aber findet sich eine, die die Unmöglichkeit der Lösung in natürlichen Zahlen x, y, z für die Gleichung x3 + y3 = z3, desgleichen für x4 + y4 = z4 und ganz allgemein für xn + yn = zn, mit jedem beliebigen Exponenten n größer als 2, behauptet, wobei Fermat ausdrücklich hinzufügt:
Carl Friedrich Gauß (1777-1855), Gemälde von Gottlieb Biermann, 1887 [Quelle] |
["Cujus rei demonstrationem mirabilem sane detexi; hanc marginis exiguitas non caperet."]
Dies die Behauptung Fermats. So steht es in einer vom Sohn Fermats nach dessen Tode herausgegebenen neuen Diophant-Ausgabe (1670), die diese und die anderen „Randbemerkungen“ bringt und dadurch ihren besonderen Wert erhielt.
Ob Fermat, der sonst sehr sorgsam in der Form seiner Behauptungen war, wirklich einen lückenlosen Beweis besaß? Ob die Randbemerkung nur dem ersten Erschauen eines Weges durch das Labyrinth des Problems entsprang — eines Wegs, den näher auszubauen und auf seine Ausführbarkeit zu überprüfen, späterem Durcharbeiten vorbehalten blieb? Wir wissen es nicht. Und da alle uns erhaltenen und in Frage kommenden Briefe und Schriften aus dem Nachlaß längst auf das eingehendste durchforscht sind, werden wir es wohl nie erfahren. Wohl aber ist das bis heute ungelöste Problem, ob wirklich für jeden Exponenten n > 2 eine Lösung von xn + yn = zn in natürlichen Zahlen x, y, z unmöglich sei, dauernd mit dem Namen Formats verbunden geblieben und hat seinen Namen in weitere Kreise getragen, als alle seine unbestritten gesicherten mathematischen Erfolge.
Allerdings hat man, besonders auch aus Hinweisen auf andere analoge Aussagen, einen Fingerzeig, in welcher Richtung das Beweisverfahren lag, das Fermat im Auge hatte. Zumal die ersten Erfolge, die später wenigstens in einigen Fällen zum Nachweis der Fermatschen Behauptung führten, in der gleichen Richtung liegen. Der Gedanke, von dem dabei zunächst ausgegangen ist, liegt recht nahe, wenn man sich vergegenwärtigt, daß beispielsweise im Falle des Exponenten n = 4 ein weiter Bereich von Zahlen x, y daraufhin durchprobiert war, ob nicht vielleicht einmal eine Summe x4 + y4 selbst gleich einer vierten Potenz z4 sei. Wenn also die Gleichung x4 + y4 = z4 überhaupt eine Lösung haben sollte, dann jedenfalls nur in recht hohen Zahlen, die außerhalb des rechnerisch durchforschten Bereichs liegen.
Ernst Eduard Kummer (1810-1893) |
In einem Bruchstück eines angefangenen, aber nicht vollendeten Aufsatzes, der auf der Leydener Bibliothek entdeckt wurde, spricht Fermat von einer Methode der „unendlichen oder unbegrenzten Abnahme“ („la descente infinie ou indéfinie“). Diese Bezeichnung trifft aber genau das Wesen der eben geschilderten Schlußweise.
Ob nun Fermat wirklich eine solche Schlußweise für das Problem der Gleichung xn + yn = zn besaß, u. zw. für jeden beliebigen Exponenten n und nicht nur für n = 4, wo man dies mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen darf, wird wohl immer im Dunkel bleiben. Denn wenn auch in einzelnen Fällen Erfolge erzielt wurden, so sind doch durch nunmehr zweieinhalb Jahrhunderte die Bemühungen der verschiedensten Forscher, in der angedeuteten Richtung einen allgemein gültigen Beweis zu entdecken, in welchem man dann den Beweis Fermats vermuten könnte, vergeblich geblieben.
Zu mächtigen Anregungen in der Weiterentwicklung der Zahlentheorie haben aber die Gedanken und Fragestellungen Fermats — und nicht zum wenigsten seine „Randbemerkungen“ zu Diophant — geführt. Gerade das nach ihm benannte Problem der Lösungen von xn + yn = zn, das uns heute beschäftigt, spielt dabei keine kleine Rolle, da von ihm aus ganz neuartige Zweige der Zahlentheorie sich entwickelten.
Andrew Wiles (* 1953), der den Großen Fermatschen Satz erst 1994 bewiesen hat. [Quelle] |
Wieder verging mehr als ein halbes Jahrhundert, bis der Fall des Exponenten n = 5 und vierzehn Jahre später n = 7 erledigt werden konnte. Hat sich der erste der damals lebenden Mathematiker, der große Gauß, der so viele und verschiedenartige Probleme zu bewältigen wußte, niemals mit der von Fermat der Nachwelt hinterlassenen Aufgabe befaßt? Warum hat er dieses Problem nie erwähnt? Hielt er die Zeit dafür noch nicht reif und jene Gebiete noch nicht weit genug ausgebaut, auf denen fußend nachmals E. E. Kummer die bis heute weitreichendsten Fortschritte erzielen sollte? Gauß’ Nachlaß hat ergeben, daß er für die vorgenannten Fälle n = 5, n =: 7 etwa dieselben Beweise skizziert hatte, die dann von Dirichlet und Lamé veröffentlicht wurden. Hat er darin vielleicht nur Vorbereitungen zu einem allgemeinen Beweis für beliebige Exponenten n gesehen, den er nachmals, beim damaligen Stand der Zahlentheorie, noch nicht für fällig ansah? Wenn dies das Urteil eines Gauß gewesen sein konnte, soll man da nun lachen oder weinen über jene eingangs erwähnten vielzu vielen Preiswerber und über all die Harmlosen, die ohne Kenntnis vom Stand der Wissenschaft sich gleich an die Bezwingung ihrer schwerstumworbenen Probleme wagen?
Quelle: Heinrich Tietze: Gelöste und ungelöste mathematische Probleme aus alter und neuer Zeit. Band 2. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1982. ISBN 3-423-04399-7. Zitiert wurden Auszüge aus der 13. Vorlesung - Seite 104 bis 118
Tietze (1880-1964) hielt seine Vorlesungen in den 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts und konnte den Beweis der Fermatschen Vermutung nicht mehr erleben.
Hineinhören: (Weitere Hörbücher in der Kammermusikkammer)
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