Wäre es nach dem Willen seines Vaters gegangen, wäre der 1925 in Montbrison an der Loire geborene Pierre Boulez nie Musiker geworden, sondern hätte nach einem Mathematikstudium die Ingenieurslaufbahn eingeschlagen - und der Musikwelt wäre ein großes Mehrfachtalent vorenthalten worden: So ist aus dem Schüler Olivier Messiaens nicht nur einer der bedeutendsten und zu Beginn seiner Karriere auch innovativsten französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, sondern auch ein weltberühmter Dirigent und wichtiger Musiktheoretiker geworden.
Als der 26-jährige Boulez 1951 in Donaueschingen mit der Uraufführung seiner Polyphonie X für 18 Soloinstrumente antrat, sorgte er gleich für einen "Skandalerfolg", der ihn mit einem Schlag zu einem der vielbeachtetsten Komponisten machte. Polyphonie X gilt bis heute als die strengste serielle Komposition, wurde jedoch vom Komponisten, nachdem er die Aufnahme zu Gehör bekam, ebenso zurückgezogen wie die 1958 uraufgeführte Poésie pour pouvoir. Dank der Mitschnitte sind beide Werke aber zumindest als Tondokumente verfügbar, was den Wert dieser Einspielungen unterstreicht. Die serielle Technik, die Messiaen, an Schönbergs und Weberns Reihentechnik anknüpfend, entwickelt hatte und die von Boulez und Stockhausen perfektioniert wurde, wird noch lange das Musikdenken der gesamten europäischen Avantgarde beherrschen.
In Poésie pour pouvoir, nach einem Text von Henri Michaux entstanden, kombinierte Boulez die serielle Technik mit elektronischer Klangerzeugung. Begeistert über die Möglichkeiten des seinerzeit neuen Mediums, schrieb er an seinen Freund John Cage: “So wird jedes Werk sein eigenes Universum haben, seine eigene Struktur und seinen eigenen Modus der Erzeugung auf allen Ebenen.“ Boulez wird zwar ein großer Verfechter der elektronischen Musik bleiben, hat sich aber auch in den späteren Kompositionen nie ausschließlich der Elektronik gewidmet.
Als Boulez 1959, ein Jahr nach der Aufführung von Poésie pour pouvoir, erstmals in Donaueschingen als Dirigent auftrat, brach die Kritik sofort in Lobeshymnen aus, wogegen die Aufführung seines Tombeau à la mémoire du Prince Max Egon zu Fürstenberg geradezu verblasste. Dass es sich dabei um ein "work in progress", die erste Fassung des Schlussteils eines weiteren großen Werkes handelte, nämlich Pli selon pli, konnte niemand ahnen, das brachte erst die Geschichte zutage.
Structures II (1961) gehört zu den wenigen endgültig abgeschlossenen und nicht zurückgezogenen Werken. Wie schon in seiner Dritten Klaviersonate arbeitete Boulez mit aleatorischen Verfahren, dem "gelenkten Zufall", die den Interpreten für ihr Zwiegespräch, das in diesem Werk gemeint ist, gewisse Freiheiten gestattet und so jede Aufführung zu einem neuen Ereignis werden lassen.
TRACKLIST
Pierre Boulez
(1925-2016)
Orchestral Works and Chamber Music
Polyphonie X for 18 solo instruments (1951) 16:21
[01] modéré 07:24
[02] lent 04:09
[03] vif 04:48
SWF Symphony Orchestra
Hans Rosbaud, director
[04] Poésie pour pouvoir (1958) 18:29
SWF Symphony Orchestra
Hans Rosbaud / Pierre Boulez, directors
Michel Bouquet, voice (on tape)
Ludwig Heck, technical director
Fred Bürck / Susanne Vogt / Hans Wurm, sound engineers
[05] Tombeau à la mémoire du
Prince Max Egon zu Fürstenberg (1959) 07:16
Eva-Maria Rogner, soprano
Ensemble Domaine Musical Paris
Pierre Boulez, director
Structures II pour deux pianos 7 deuxième livre
(1961) 35:00
[06] Chapitre I 08:54
[07] Chapitre II / Version 1 13:11
[08] Chapitre II / Version 2 12:55
Yvonne Loriod / Pierre Boulez, pianos
total time 77:55
Recordings October 1951 / 1958 / 1959 / 1961, World Premieres
Donaueschinger Musiktage
Mastering: Jiri Pospichal
Editors: Brigitte Weinmann / Dominik Weinmann
(P) 1951 / 1958 / 1959 / 1961
(C) 2000
Jacob Burckhardt: Die Ruinenstadt Rom
Giovanni Battista Piranesi: Das Kolosseum, 1757
Vor allem genießt die Ruinenstadt Rom selber jetzt eine andere Art von Pietät als zu der Zeit, da die Mirabilia Romae und das Geschichtswerk des Wilhelm von Malmesbury verfaßt wurden. Die Phantasie des frommen Pilgers wie die des Zaubergläubigen und des Schatzgräbers tritt in den Aufzeichnungen zurück neben der des Historikers und Patrioten. In diesem Sinne wollen Dantes Worte verstanden sein: Die Steine der Mauern von Rom verdienten Ehrfurcht, und der Boden, worauf die Stadt gebaut ist, sei würdiger, als die Menschen sagen. Die kolossale Frequenz der Jubiläen läßt in der eigentlichen Literatur doch kaum eine andächtige Erinnerung zurück; als besten Gewinn vom Jubiläum des Jahres 1300 bringt Giovanni Villani seinen Entschluß zur Geschichtschreibung mit nach Hause, welchen der Anblick der Ruinen von Rom in ihm geweckt. Petrarca gibt uns noch Kunde von einer zwischen klassischem und christlichem Altertum geteilten Stimmung; er erzählt, wie er oftmals mit Giovanni Colonna auf die riesigen Gewölbe der Diokletiansthermen hinaufgestiegen; hier, in der reinen Luft, in tiefer Stille, mitten in der weiten Rundsicht, redeten sie zusammen, nicht von Geschäft, Hauswesen und Politik, sondern, mit dem Blick auf die Trümmer ringsum, von der Geschichte, wobei Petrarca mehr das Altertum, Giovanni mehr die christliche Zeit vertrat; dann auch von der Philosophie und von den Erfindern der Künste.
Wie oft seitdem bis auf Gibbon und Niebuhr hat diese Ruinenwelt die geschichtliche Kontemplation geweckt.
Dieselbe geteilte Empfindung offenbart auch noch Fazio degli Uberti in seinem um 1360 verfaßten Dittamondo, einer fingierten visionären Reisebeschreibung, wobei ihn der alte Geograph Solinus begleitet wie Virgil den Dante. So wie sie Bari zu Ehren des St. Nicolaus, Monte Gargano aus Andacht zum Erzengel Michael besuchen, so wird auch in Rom die Legende von Araceli und die von S. Maria in Trastevere erwähnt, doch hat die profane Herrlichkeit des alten Rom schon merklich das Übergewicht; eine hehre Greisin in zerrissenem Gewand — es ist Roma selber — erzählt ihnen die glorreiche Geschichte und schildert umständlich die alten Triumphe; dann führt sie die Fremdlinge in der Stadt herum und erklärt ihnen die sieben Hügel und eine Menge Ruinen — che comprender potrai, quanto fui bella! —
Giovanni Battista Piranesi: Der Tempel der Cibele an der
Piazza della Bocca della Verita, aus 'Ansichten von Rom'.
Leider war dieses Rom der avigonesischen und schismatischen Päpste in bezug auf die Reste des Altertums schon bei weitem nicht mehr, was es einige Menschenalter vorher gewesen war. Eine tödliche Verwüstung, welche den wichtigsten noch vorhandenen Gebäuden ihren Charakter genommen haben muß, war die Schleifung von 140 festen Wohnungen römischer Großer durch den Senator Brancaleone um 1258; der Adel hatte sich ohne Zweifel in den besterhaltenen und höchsten Ruinen eingenistet gehabt. Gleichwohl blieb noch immer unendlich viel mehr übrig, als was gegenwärtig aufrecht steht, und namentlich mögen viele Reste noch ihre Bekleidung und Inkrustation mit Marmor, ihre vorgesetzten Säulen und andern Schmuck gehabt haben, wo jetzt nur der Kernbau aus Backsteinen übrig ist. An diesen Tatbestand schloß sich nun der Anfang einer ernsthaften Topographie der alten Stadt an.
In Poggios Wanderung durch Rom ist zum erstenmal das Studium der Reste selbst mit dem der alten Autoren und mit dem der Inschriften (welchen er durch alles Gestrüpp hindurch nachging) inniger verbunden, die Phantasie zurückgedrängt, der Gedanke an das christliche Rom geflissentlich ausgeschieden. Wäre nur Poggios Arbeit viel ausgedehnter und mit Abbildungen versehen! Er traf noch sehr viel mehr Erhaltenes an als achtzig Jahre später Raffael. Er selber hat noch das Grabmal der Caecilia Metella und die Säulenfronte eines der Tempel am Abhang des Kapitols zuerst vollständig und dann später bereits halb zerstört wiedergesehen, indem der Marmor noch immer den unglückseligen Materialwert hatte, leicht zu Kalk gebrannt werden zu können; auch eine gewaltige Säulenhalle bei der Minerva unterlag stückweise diesem Schicksal. Ein Berichterstatter vom Jahre 1443 meldet die Fortdauer dieses Kalkbrennens, »welches eine Schmach ist; denn die neueren Bauten sind erbärmlich, und das Schöne an Rom sind die Ruinen«. Die damaligen Einwohner in ihren Campagnolenmänteln und Stiefeln kamen den Fremden vor wie lauter Rinderhirten, und in der Tat weidete das Vieh bis zu den Banchi hinein; die einzige gesellige Reunion waren die Kirchgänge zu bestimmten Ablässen; bei dieser Gelegenheit bekam man auch die schönen Weiber zu sehen.
Giovanni Battista Piranesi: Der sogenannte Tempel der Concordia,
aus 'Ansichten von Rom', 1774
In den letzten Jahren Eugens IV. (gest. 1447) schrieb Blondus von Forli seine Roma instaurata, bereits mit Benutzung des Frontinus und der alten Regionenbücher, sowie auch (scheint es) des Anastasius. Sein Zweck ist schon bei weitem nicht bloß die Schilderung des Vorhandenen, sondern mehr die Ausmittelung des Untergegangenen. Im Einklang mit der Widmung an den Papst tröstet er sich für den allgemeinen Ruin mit den herrlichen Reliquien der Heiligen, welche Rom besitze.
Mit Nicolaus V. (1447-1455) besteigt derjenige neue monumentale Geist, welcher der Renaissance eigen war, den päpstlichen Stuhl. Durch die neue Geltung und Verschönerung der Stadt Rom als solcher wuchs nun wohl einerseits die Gefahr für die Ruinen, anderseits aber auch die Rücksicht für dieselben als Ruhmestitel der Stadt. Pius II. ist ganz erfüllt von antiquarischem Interesse, und wenn er von den Altertümern Roms wenig redet, so hat er dafür denjenigen des ganzen übrigen Italiens seine Aufmerksamkeit gewidmet und diejenigen in der Umgebung der Stadt in weitem Umfange zuerst genau gekannt und beschrieben. Allerdings interessieren ihn als Geistlichen und Kosmographen antike und christliche Denkmäler und Naturwunder gleichmäßig, oder hat er sich Zwang antun müssen, als er z. B. niederschrieb: Nola habe größere Ehre durch das Andenken des St. Paulinus als durch die römischen Erinnerungen und durch den Heldenkampf des Marcellus? Nicht daß etwa an seinem Reliquienglauben zu zweifeln wäre, allein sein Geist ist schon offenbar mehr der Forscherteilnahme an Natur und Altertum, der Sorge für das Monumentale, der geistvollen Beobachtung des Lebens zugeneigt. Noch in seinen letzten Jahren als Papst, podagrisch und doch in der heitersten Stimmung, laßt er sich auf dem Tragsessel über Berg und Tal nach Tusculum, Alba, Tibur, Ostia, Falerii, Ocriculum bringen und verzeichnet alles, was er gesehen; er verfolgt die alten Römerstraßen und Wasserleitungen und sucht die Grenzen der antiken Völkerschaften um Rom zu bestimmen. Bei einem Ausflug nach Tibur mit dem großen Federigo von Urbino vergeht die Zeit beiden auf das angenehmste mit Gesprächen über das Altertum und dessen Kriegswesen, besonders über den trojanischen Krieg; selbst auf seiner Reise zum Kongreß von Mantua (1459) sucht er, wiewohl vergebens, das von Plinius erwähnte Labyrinth von Clusium und besieht am Mincio die sogenannte Villa Virgils.
Giovanni Battista Piranesi: Janusbogen (Arco di Giano), Forum Boarium.
Daß derselbe Papst auch von den Abbreviatoren ein klassisches Latein verlangte, versteht sich beinahe von selbst; hat er doch einst im neapolitanischen Krieg die Arpinaten amnestiert als Leute des M. T. Cicero sowie des C. Marius, nach welchen noch viele Leute dort getauft waren. Ihm allein als Kenner und Beschützer konnte und mochte Blondus seine Roma triumphans zueignen, den ersten großen Versuch einer Gesamtdarstellung des römischen Altertums.
In dieser Zeit war natürlich auch im übrigen Italien der Eifer für die römischen Altertümer erwacht. Schon Boccaccio nennt die Ruinenwelt von Bajae »altes Gemäuer, und doch neu für moderne Gemüter«; seitdem galten sie als größte Sehenswürdigkeit der Umgegend Neapels. Schon entstanden auch Sammlungen von Altertümern jeder Gattung. Ciriaco von Ancona durchstreifte nicht bloß Italien, sondern auch andere Länder des alten Orbis terrarum und brachte Inschriften und Zeichnungen in Menge mit; auf die Frage, warum er sich so bemühe, antwortete er: »Um die Toten zu erwecken«. […]
Kehren wir nach Rom zurück. Die Einwohner, »die sich damals Römer nannten«, gingen begierig auf das Hochgefühl ein, das ihnen das übrige Italien entgegenbrachte. Wir werden unter Paul II.‚ Sixtus IV. und Alexander VI. prächtige Karnevalsaufzüge stattfinden sehen, welche das beliebteste Phantasiegebilde jener Zeit, den Triumph altrömischer Imperatoren, darstellten. Wo irgend Pathos zum Vorschein kam, mußte es in jener Form geschehen.
Bei dieser Stimmung der Gemüter geschah es am 18. April 1485, daß sich das Gerücht verbreitete, man habe die wunderbar schöne, wohlerhaltene Leiche einer jungen Römerin aus dem Altertum gefunden. Lombardische Maurer, welche auf einem Grundstück des Klosters S. Maria Nuova, an der Via Appia, außerhalb der Caecilia Metella, ein antikes Grabmal aufgruben, fanden einen marmornen Sarkophag angeblich mit der Aufschrift: Julia, Tochter des Claudius. Das Weitere gehört der Phantasie an: die Lombarden seien sofort verschwunden samt den Schätzen und Edelsteinen, welche im Sarkophag zum Schmuck und Geleit der Leiche dienten; letztere sei mit einer sichernden Essenz überzogen und so frisch, ja so beweglich gewesen, wie die eines eben gestorbenen Mädchens von 15 Jahren; dann hieß es sogar, sie habe noch ganz die Farbe des Lebens, Augen und Mund halb offen. Man brachte sie nach dem Konservatorenpalast auf dem Kapitel, und dahin, um sie zu sehen, begann nun eine wahre Wallfahrt.
Giovanni Battista Piranesi: Ruine der Caracalla-Thermen,
aus 'Ansichten von Rom', 1766
Viele kamen auch, um sie abzumalen; »denn sie war schön, wie man es nicht sagen noch schreiben kann, und wenn man es sagte oder schriebe, so würden es, die sie nicht sahen, doch nicht glauben«. Aber auf Befehl Innocenz’ VIII. mußte sie eines Nachts vor Porta Pinciana an einem geheimen Ort verscharrt werden; in der Hofhalle der Konservatoren blieb nur der leere Sarkophag. Wahrscheinlich war über den Kopf der Leiche eine farbige Maske des idealen Stiles aus Wachs oder etwas Ähnlichem modelliert, wozu die vergoldeten Haare, von welchen die Rede ist, ganz wohl passen würden. Das Rührende an der Sache ist nicht der Tatbestand, sondern das feste Vorurteil, daß der antike Leib, den man endlich hier in Wirklichkeit vor sich zu sehen glaubte, notwendig herrlicher sein müsse als alles, was jetzt lebe.
Inzwischen wuchs die sachliche Kenntnis des alten Rom durch Ausgrabungen; schon unter Alexander VI. lernte man die sogenannten Grotesken, d. h. die Wand- und Gewölbedekorationen der Alten kennen, und fand in Porto d’Anzo den Apoll von Belvedere; unter Julius II. folgten die glorreichen Auffindungen des Laokoon, der Vatikanischen Venus, des Torso der Kleopatra u. a. m.; auch die Paläste der Großen und Kardinäle begannen sich mit antiken Statuen und Fragmenten zu füllen. Für Leo X. unternahm Raffael jene ideale Restauration der ganzen alten Stadt, von welcher sein (oder Castigliones) berühmter Brief spricht. Nach der bittern Klage über die noch immer dauernden Zerstörungen, namentlich noch unter Julius II., ruft er den Papst um Schutz an für die wenigen übriggebliebenen Zeugnisse der Größe und Kraft jener göttlichen Seelen des Altertums, an deren Andenken sich noch jetzt diejenigen entzünden, die des Höhern fähig seien. Mit merkwürdig durchdringendem Urteil legt er dann den Grund zu einer vergleichenden Kunstgeschichte überhaupt und stellt am Ende denjenigen Begriff von »Aufnahme« fest, welcher seitdem gegolten hat: er verlangt für jeden Überrest, Plan, Aufriß und Durchschnitt gesondert. Wie seit dieser Zeit die Archäologie, in speziellem Anschluß an die geheiligte Weltstadt und deren Topographie, zur besondern Wissenschaft heranwuchs, wie die vitruvianische Akademie wenigstens ein kolossales Programm aufstellte, kann nicht weiter ausgeführt werden.
Giovanni Battista Piranesi: Ansicht des Nerva-Forums,
aus 'Ansichten von Rom', 1770
Hier dürfen wir bei Leo X. stehenbleiben, unter welchem der Genuß des Altertums sich mit allen andern Genüssen zu jenem wundersamen Eindruck verflocht, welcher dem Leben in Rom seine Weihe gab. Der Vatikan tönte von Gesang und Saitenspiel; wie ein Gebot zur Lebensfreude gingen diese Klänge über Rom hin, wenn auch Leo damit für sich kaum eben erreichte, daß sich Sorgen und Schmerzen verscheuchen ließen, und wenn auch seine bewußte Rechnung, durch Heiterkeit das Dasein zu verlängern, mit seinem frühen Tode fehlschlug. Dem glänzenden Bilde des leonischen Rom, wie es Paolo Giovio entwirft, wird man sich nie entziehen können, so gut bezeugt auch die Schattenseiten sind: die Knechtschaft der Emporstrebenden und das heimliche Elend der Prälaten, welche trotz ihrer Schulden standesgemäß leben müssen, das Lotteriemäßige und Zufällige von Leos literarischem Mäzenat, endlich seine völlig verderbliche Geldwirtschaft. Derselbe Ariost, der diese Dinge so gut kannte und verspottete, gibt doch wieder in der sechsten Satire ein ganz sehnsüchtiges Bild von dem Umgang mit den hochgebildeten Poeten, welche ihn durch die Ruinenstadt begleiten würden, von dem gelehrten Beirat, den er für seine eigene Dichtung dort vorfände, endlich von den Schätzen der Vatikanischen Bibliothek. Dies, und nicht die längst aufgegebene Hoffnung auf mediceische Protektion, meint er, wären die wahren Lockspeisen für ihn, wenn man ihn wieder bewegen wolle, als ferraresischer Gesandter nach Rom zu gehen.
Außer dem archäologischen Eifer und der feierlich-patriotischen Stimmung weckten die Ruinen als solche, in und außer Rom, auch schon eine elegisch-sentimentale. Bereits bei Petrarca und Boccaccio finden sich Anklänge dieser Art; Poggio besucht oft den Tempel der Venus und Roma, in der Meinung, es sei der des Castor und Pollux, wo einst so oft Senat gehalten worden, und vertieft sich hier in die Erinnerung an die großen Redner Crassus, Hortensius, Cicero. Vollkommen sentimental äußert sich dann Pius II. zumal bei der Beschreibung von Tibur, und bald darauf entsteht die erste ideale Ruinenansicht nebst Schilderung bei Polifilo: Trümmer mächtiger Gewölbe und Kolonnaden, durchwachsen von alten Platanen‚ Lorbeeren und Zypressen nebst wildem Buschwerk. In der heiligen Geschichte wird es, man kann kaum sagen wie, gebräuchlich, die Darstellung der Geburt Christi in die möglichst prachtvollen Ruinen eines Palastes zu verlegen. Daß dann endlich die künstliche Ruine zum Requisit prächtiger Gartenanlagen wurde, ist nur die praktische Äußerung desselben Gefühls.
Quelle: Jacob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Verlag Alfred Kröner, Stuttgart, 1988. (Kröners Taschenausgabe Bd. 53). ISBN 3-520-05311-X. Ausgezogen wurde aus dem III. Abschnitt das Kapitel "Die Ruinenstadt Rom" (Seite 131-138, geringfügig gekürzt).
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An seinem Grab wurde Quartettmusik gespielt. Noch kurz vor seinem Tod hatte Boris Blacher daran gearbeitet. Das Stück ist Fragment geblieben, und mit Sicherheit war es nicht für den Aufführungsort bestimmt. Hätte Blacher, der immer einen spöttisch-humorvollen Spruch auf der Zunge hatte, seine eigene Grablegung kommentieren dürfen, vermutlich hätte er gesagt: »Muß es denn unbedingt Streichquartett sein, meine Jazz-Poems würden es doch auch tun.«
Das Würdevolle und Tragische war seine Sache nicht. Wann immer der große schlaksige Wahl-Berliner mit dem schmalen Gesicht, der lieber in ausgebeulten Hosen und Pullovern herumlief als in schwarzen Anzügen, zum Notenpapier griff, ist Musik der leichtfüßigen und heiteren Art entstanden. Aus knappen Formulierungen konnte er Funken sprühen lassen. Seine Handschrift ist unverwechselbar: musikalische Eleganz gleich vom ersten Takt an.
Kammermusik, vornehmlich in ihrer nobelsten Form, dem Streichquartett, ist für viele Komponisten noch immer ein Prüfstein, eine Art Hygiene des Komponierens. Der vierstimmige Satz soll anspornen zur Konzentration, zur Durchsichtigkeit und Ökonomie der Mittel. Blacher allerdings hat sich diese Übung zur Selbstbeschränkung nie in besonderer Weise auferlegen müssen. Sein gesamtes Werk, vom Orchesterstück bis zur abendfüllenden Oper, atmet kammermusikalischen Geist. Trotzdem sind es gerade die Streichquartette, die seine Originalität in lupenreiner Klarheit vor Augen führen.
Blacher schrieb sein 1. Streichquartett im Jahre 1930. Es steht am Ende eines turbulenten Jahrzehnts, das ihn für sein Leben prägte. Als 19jähriger kam er 1922 nach Berlin, im Kopf alle guten Vorsätze, die ihm sein Vater, ein russischer Bankdirektor, mit auf den Weg gegeben hatte. Blacher studierte zunächst Architektur und Mathematik, versuchte seinem Leben eine solide Grundlage zu geben. Der Vater nahm es mit Genugtuung zur Kenntnis und honorierte es mit einem monatlichen Wechsel. Aber schon bald erlag Blacher den künstlerischen Verlockungen der Großstadt. Er verschlang alles, was das Berlin der zwanziger Jahre zu bieten hatte: Kino, Jazz, Tanz, Oper, Kabarett. Den musikalisch-frechen Ton dieser Jahre lernte er weniger am Konservatorium, das er nun ab und an besuchte, sondern vielmehr in den Bars, Tanzpalästen und Kinos der Stadt. Er arrangierte Tanz- und Unterhaltungsmusik, instrumentierte fremde Kompositionen und begleitete Stummfilme auf dem Harmonium: eine phänomenale Schule des Alltags, wie Blacher Jahre später bekannte.
Boris Blacher
Die Musik dieser Jahre hatte endlich ihr weihevolles Refugium verlassen und sich in den Dienst neuer Formen der städtischen Kultur gestellt. Gebrauchsmusik statt Weltanschauungsmusik, das war auch Blachers Devise. Und selbst die Kammermusik, diese ehrwürdig-esoterische Gattung absoluter Musik, wurde sachlich und rasend schnell im Rhythmus der Maschinen. Von dem frischen Wind, den Komponisten wie Hindemith oder Weill in die Konzert- und Opernhallen brachten, ließ sich auch Blacher anwehen. Dieser Zeitgeschmack kam ihm, der auch in der Musik kühles Understatement pflegte und ein beträchtliches Maß an ironischer Distanz entwickeln konnte, gerade recht. In seiner mit Jazz- und Tangorhythmen gespickten Kammeroper Habemeajaja (1928) oder in den frechen Jazz-Koloraturen (1929) ist der musikalische Zeitgeschmack dieser Jahre ebenso eingefangen wie in dem gleichwohl noch traditionellen 1. Streichquartett. Es sind typische Produkte der Zwanziger, entstanden vor dem Hintergrund eines Hexenkessels aus frivolem Amüsement, stempelnden Arbeitslosen, fallenden Aktienkursen und steigender Inflation.
Um ein Haar wäre das Stück dann auch in den Wirren der Zeit untergegangen. Es galt fast vier Jahrzehnte als verschollen, bis sich Anfang der 70er Jahre im Nachlass eines Notenschreibers Blachers eigene Handschrift der Stimmen fand. Der Kopist hatte zu Beginn der 30er Jahre vom Berliner Verleger Benno Balan, bei dem das Werk ursprünglich erscheinen sollte, den Auftrag bekommen, nach dem Autograph Vorlagen für die Druckausgabe herzustellen. Als er die Arbeit beendet hatte, war Benno Balan nicht mehr da; er war Jude, hatte die Zeichen der Zeit erkannt und war emigriert. Offensichtlich wusste der Mann nicht, was er mit den fertigen Stimmen anfangen sollte, und so blieb das Konvolut - vermutlich längst vergessen - bis zum Tod in seinem Besitz. (Eine veränderte, viersätzige Fassung, die 1939 in Frankfurt am Main uraufgeführt wurde, ging während des Krieges offenbar verloren).
Blacher leitet sein 1. Quartett sehr selbstbewußt ein mit einem forschen Triolen-Motiv, aus dem sich zweite Violine und Bratsche mit jeweils ausdrucksvollen Melodiebögen lösen. Tremolierende Effekte, Chromatik, starke Temposchwankungen, jazztypische Episoden: Das etwa zwölfminütige Stück trumpft bei aller akademischen Konstruktion und Traditionalität bereits mit frechen Gesten auf.
Boris Blacher
Zehn Jahre später komponiert Blacher das 2. Streichquartett. Noch immer ist Berlin der inspiratorische Quell seines Schaffens. Aber die Zeiten haben sich gründlich geändert. Die Bedrückung ist allerorten spürbar, Schwulst und Pathos bestimmen die künstlerischen Maßstäbe. Zuweilen aber herrscht im Konzertsaal noch ein untrügliches Gespür für Qualität. Blacher erfährt dies, als 1937 seine Concertante Musik vom Berliner Philharmonischen Orchester uraufgeführt wird. Die verfemten Jazz-Synkopen lassen aufhorchen, und die Begeisterung ist derartig, dass das Stück sogleich wiederholt werden muss. Hellhörig ob so viel spielerischer Eleganz werden allerdings auch die Wachhunde einer nationalsozialistischen Musikästhetik, die Blacher und seiner Musik »rassefremde Merkmale« ankreiden.
Blacher ist zunehmenden Anfeindungen ausgesetzt, kommt aber einigermaßen glimpflich davon. Das lag wohl auch daran, dass er erst relativ spät als sogenannter »Vierteljude« eingestuft wurde. In der ersten Ausgabe des »Lexikon der Juden in der Musik« von 1941 ist Blacher noch unerwähnt. Erst in der zweiten, 1943 erschienenen Auflage heißt es dann: »Unter den lebenden Vierteljuden, die versehentlich des öfteren auch bei Veranstaltungen von Parteigliederungen aufgeführt wurden, sind Boris Blacher und Heinz Kaminski die wichtigsten.« Die vielen kleinen Goebbels und Rosenbergs hatten ganze Arbeit geleistet; sie hatten sogar das Taufregister der Blachers im fernen Estland studiert.
Blacher schrieb sein 2. Streichquartett 1940, ein Kompositionsauftrag für die Biennale in Venedig, wo es ein Jahr später auch uraufgeführt wurde. Das Quartett gibt sich kompromisslos modern, verspottet und sabotiert geradezu auf freche Art den neu verordneten Ton in der deutschen Musik. Der gefühlvoll eingeleitete Andante-Satz mit seinen kammermusikalisch typischen Motiv-Gängen durch alle Instrumente entwickelt sich unter ständigem Taktwechsel und abrupten Dynamikänderungen zu einem fulminanten Feuerwerk mit einem harten Fortissimo-Schlag, der dann schnell wieder abkühlt und in die Pianissimo-Ausgangslage zurückkehrt. Der anschließende Sostenuto-Satz ist gekennzeichnet durch ein federndes Klangfeld repetierender Töne, auf dem die erste Geige in schwindelnde Höhen treibt.
Boris Blacher
1944, im zerbombten Berlin, entsteht das 3. Streichquartett. Den erdrückenden Umständen weiß der staatenlose Blacher durch kompositorische Arbeit zu trotzen, aber auch durch privates Glück: Er lernt die junge Pianistin Gerty Herzog kennen, die er ein Jahr später heiratet und für die er fortan drei Klavierkonzerte und etliche Klavierstücke schreibt. Gemeinsam lauscht man in jenen Tagen der BBC und Radio Moskau, um zu hören, wie lange man noch ausharren muss; man trinkt billigen Fusel in kalten Bombennächten und schmiedet Pläne für »die Zeit danach«. Mit seinem Schüler, dem Österreicher Gottfried von Einem, ist Blacher sich einig: mit der großen Oper und dem Konzert würde es in den Trümmerwüsten wohl ein für allemal vorbei sein. Also gelte es, Kammermusik und Kammeropern zu schreiben.
Das 3. Streichquartett verdankt sich auch solchen spekulativen Überlegungen. Zunächst für die Schublade geschrieben, wurde es 1947 im Haus am Waldsee in Berlin uraufgeführt. Das Quartett wird eröffnet mit einem Presto im 5/4-Takt. Virtuose Passagen werden immer wieder in den rhythmisch-ostinaten Gleichlauf der Instrumente geführt. Das folgende Andantino besticht durch cantable Linienführung der Geigen, bevor im folgenden Allegro wiederum einmal der Jazz-Enthusiast Blacher auf den Plan tritt. Gleich zu Beginn legt der boogie-ähnliche »Walking-Bass« mit seinen Achtelgängen unzweideutig das Idiom fest, in dem sich dieser Satz nun bewegt. Irritierende Taktwechsel, zeitweilig sich überlagernde, unterschiedliche Rhythmen in den einzelnen Instrumenten, dann wieder - nach synkopisch orientierten Episoden - die plötzliche Akzentuierung der Takteins - das alles weist Blacher als einen stilsicheren Wanderer zwischen musikalischen Welten aus, der es versteht, mitreißend-klangliche Höhepunkte zu setzen. Erst nachdem sich dieser 3. Satz mit seinen dynamisch gesteigerten Schlägen verabschiedet, lässt ein kurzes Larghetto mit einem zart verhauchenden »morendo« das 3. Streichquartett auspendeln.
1945: keine »Stunde Null« der Musik, für Blacher aber doch eine Zäsur, der Beginn seiner eigentlichen Kariere. In den musikalischen Kreisen Berlins wird er schnell zur Integrationsfigur, zum Grenzgänger zwischen Ost und West ohne ideologische Scheuklappen. Das Berührungsverbot, das ihm die Stadtoberen hier und da gerne auferlegt hätten, nimmt er erst gar nicht ernst. So zählen im Ostteil wirkende Musiker wie Rudolf Wagner-Regeny, den er schon seit den zwanziger Jahren kennt, oder Paul Dessau ganz selbstverständlich zu seinen Freunden. Brecht besucht ihn in seiner Zehlendorfer Wohnung, sie diskutieren über die Zukunft der Oper und mögliche Formen der Zusammenarbeit. Zu einem gemeinsamen Opernprojekt mit Brecht ist es nie gekommen. Mit verschiedenen Liedvertonungen und Bearbeitungen in der unmittelbaren Nachkriegszeit erweist Blacher aber dem im Ostteil der Stadt lebenden Brecht seine Reverenz.
Blacher wird die zentrale Musikerpersönlichkeit im Nachkriegsberlin. Die Geschichte der Neuen Musik im Westteil der Stadt schreibt er zeitweilig ganz allein. Daneben bestimmt er maßgeblich die Musikausbildung: als Direktor der Hochschule für Musik (1953-1970), als Präsident der Berliner Akademie der Künste (1968-1971). Die Liste seiner Schüler enthält klangvolle Namen: Claude Ballif, Gottfried von Einem, Maki Ishii, Rudolf Kelterborn, Giselher Klebe, Günter Kochan, Isang Yun, Aribert Reimann, um nur die wichtigsten zu nennen.
Boris Blacher
Weder bei seinen alltäglichen Verpflichtungen noch in der Musik ist Blacher ein Mann der vielen Worte. Keine sechs Minuten dauert das 4. Streichquartett aus dem Jahre 1951. Seine Teile, Adagio - Allegro molto - Moderato, fließen unmittelbar ineinander. Das Werk trägt die Überschrift Epitaph und ist komponiert zum Gedächtnis von Franz Kafka. Kleingliedrige Motivik, ostinate Wendungen, espressive, mit wildem Bogenstrich vorgetragene Gedankensplitter: nicht pietätvoll, eher provozierend gibt sich diese musikalische Grabschrift. Das Stück steht am Anfang eines Jahrzehnts, das Kafka zunehmend in das Zentrum künstlerischer Auseinandersetzungen rückte. Die Verstrickungen in undurchschaubare Machtstrukturen fühlten Menschen in Ost und West. Ein Jahr später übrigens beschäftigte sich Blacher erneut mit Kafka, diesmal als Librettist und Bearbeiter des Romans Der Prozeß für die Oper seines ehemaligen Kompositionsschülers Gottfried von Einem.
Das 5. Streichquartett aus dem Jahre 1967 trägt die Bezeichnung Variationen über einen divergierenden c-moll-Dreiklang. Ein eigenartiger Titel, fast schon ein wenig maniriert und dennoch ein echter Blacher. Denn Blacher schätzte musikalisch-handwerkliche Arbeit im Sinne der Variationskunst. Seine berühmt gewordenen Paganini-Variationen, seine Clementi- oder Tschaikowski-Zyklen weisen ihn als einen musikalischen Jongleur und Verwandlungskünstler aus, der fremdes Material auf schöpferische Art neu zu gestalten wusste.
Diesmal ist es kein Thema aus fremder Komponistenhand, sondern kompositorisches Rohmaterial: der c-moll-Dreiklang. Blachers handwerkliche Meisterschaft zeigt sich einmal mehr darin, wie er diesen Akkord nach allen Regeln der Kunst seziert und daraus wieder ein fesselndes Stück Musik entstehen lässt. Bereits der Anfang, reines c-moll, wird instrumentaltechnisch verfremdet. Die Streicher spielen »sul ponticello«, streichen die Saiten sehr nahe am Steg. In den folgenden vierzehn Variationen divergiert der Akkord, strebt auseinander, bleibt aber in allen Verkleidungen kenntlich. Die Entscheidung am Anfang, so sagte Blacher einmal, ist immer die schwerste, der Rest sei vollkommen mechanisch. Technisch greift Blacher auf die Variationskunst zurück: er umspielt, fügt hinzu, imitiert, forciert. Mikrokosmisch tönen ganze Welten konzentrierten Ausdrucks. Rasende Unisonoführungen, Flageolett- und Glissandoeffekte sowie breites Legato-Spiel über ostinaten Notenketten fügen dem etwa siebzehnminütigen Werk instrumentaltechnische Tupfer hinzu, bevor am Ende das c-moll in erweiterter Form wiederkehrt: ein fulminantes und einzigartiges Werk der Quartettliteratur, das höchste Anforderungen an die Instrumentalisten stellt und voller Überraschungen für den Hörer ist.
Boris Blacher
Das 5. Streichquartett gibt aber noch etwas preis: den Komponisten der »variablen Metren«. Blacher hat dieses Verfahren der Vergrößerung und Verkleinerung von Taktinhalten nach vorher festgelegten Zahlenkombinationen Anfang der fünfziger Jahre entwickelt. Er nimmt damit teil an den vielfältigen Bemühungen von Komponisten dieser Jahre, Musik gleichermaßen nach mathematischen Gesichtspunkten zu ordnen. Aber er operiert - anders als beispielsweise die seriellen Komponisten - nicht mit starren Ordnungsprinzipien, sondern sucht für jede Komposition nach jeweils eigenen Modellen. Den ersten Takt seines 5. Streichquartetts füllt Blacher mit einer einzigen Note des Violoncellos: das Allegretto gezündet, sein innerer Motor läuft; dann langsame Forcierung des Tempos: drei, fünf, sieben Noten, der Satz setzt sich in Bewegung. Nochmalige Zurücknahme, schließlich rasante Beschleunigung auf 16 Noten pro Takt. Der Geschwindigkeitsverlauf der Musik lässt sich exakt in Zahlenreihen übertragen. Aber es ist gut zu wissen, dass sich Blachers Musik gänzlich auch ohne Kenntnis davon unmittelbar dem Ohr mitteilt. Aus der Zahlenspielerei ist bei Blacher immer noch sinnlich-lebendige Musik geworden.
Quelle: Martin Willenbrink, im Booklet
Track 11: Epitaph zum Gedächtnis von Franz Kafka
TRACKLIST
Boris Blacher (1903-1975)
Streichquartette - String Quartets
1. Streichquartett (1930)
01 Allegro 4:23
02 Adagio 5:01
03 Presto 2:57
2. Streichquartett (1940)
04 Andante - Allegro 3:51
05 Sostenuto 4:13
06 Vivace 3:00
3. Streichquartett (1944)
07 Presto 3:19
08 Andantino 4:47
09 Allegro molto 2:29
10 Larghetto 3:02
Epitaph - Zum Gedächtnis von Franz Kafka (1951)
11 4. Streichquartett 5:27
Variationen über einen divergierenden c-moll-Dreiklang (1967)
12 5. Streichquartett 17:11
Gesamtzeit - Total time 60:01
Petersen Quartett
Conrad Muck, 1.Violine
Gernot Süßmuth, 2.Violine
Friedemann Weigle, Viola
Hans-Jakob Eschenburg, Violoncello
Aufnahme/Recording: September/November 1993 Berlin, Siemensvilla
(C) und (P) 1994
Viele bedeutende philosophische Bücher sind nie geschrieben worden. Vielleicht hätten sie geschrieben werden sollen. Fingerzeige, wie dies jetzt oder in Zukunft geschehen könnte, gibt das vorliegende Lexikon der imaginären philosophischen Werke. Es enthält die Konstruktionspläne und die kritische Würdigung dieser imaginären philosophischen Werke. Nirgendwerke - auch Ukerga oder Anerga genannt - erweitern den Denkhorizont der Menschheit. Dieses Buch präsentiert die ungeschrieben gebliebenen Schlüsselwerke der Geistesgeschichte aus zweieinhalb Jahrtausenden. Rückhaltlos der Redlichkeit verpflichtet, stellt es diese verschollenen Schlüsselwerke in ihren Gründen und Abgründen dar, analysiert sie kritisch und bespricht ihre Wirkungsgeschichte.
Dieses Buch ist eine Geistesgeschichte des Ungedachten. Die große Herausforderung der Philosophie in der Moderne ist nicht etwa die Sprache oder das Unbewusste, sondern die Geschichte. Professionelle Philosophiehistoriker pflegen den Anschein zu erwecken, die Geschichte des Denkens wäre »alternativlos« (ANGELA MERKEL). Aber in irdischen Dingen, zu denen das Denken gehört, ist nichts alternativlos. Das Lexikon der imaginären philosophischen Werke erzählt eine alternative Geschichte der Philosophie und vermehrt die Vielfalt, anstatt die Vielfalt auf fade Einfalt einzudampfen. Es behandelt Werke, die es nirgendwo zu lesen gibt; es behandelt Gedanken, die nirgendwo gedacht worden sind.
Philosophisches Denken heißt, in Alternativen zu denken. Nicht so sehr konsequentes, sondern anderes Denken macht Philosophie aus. Daher will das Lexikon der imaginären philosophischen Werke Alternativen des Denkens ausreizen und Gewichte in der Geschichte des Denkens neu verteilen. Es ist das Resümee der letzten 2500 Jahre Philosophiegeschichte - und das vorweggenommene Kondensat der nächsten 2500 Jahre Philosophiegeschichte. […]
Ausführliche Erklärung der Piranesischen Kupferstiche, »physiognostisch«-ästhetisch-anthropologisches Hauptwerk des Göttinger Physikers GEORG CHRISTOPH LICHTENBERG (1742-1799), Erstausgabe herausgegeben u. a. von seinen Söhnen in 17 Heften, Göttingen 1802-1831. Schon in seiner Auseinandersetzung mit der physiognomischen Theorie JOHANN CASPAR LAVATERS hatte Lichtenberg sich mit Bild-Medien, namentlich Kupferstichen auseinandergesetzt und daran seine »Pathognomik« entwickelt, als »Semiotik der Affekte« oder als »Kenntniß der natürlichen Zeichen der Gemüthsbewegungen nach allen ihren Gradationen und Mischungen« (Über Physiognomik wider die Physiognomen, 1778). Bei dem von Lichtenberg betreuten Göttinger Taschen Calender stand die regelmäßige Erläuterung von Frontispiz-Kupferstichen an. Allmählich wurde diese Pflichtaufgabe zur Kür; die lebensprallen und karikaturesken Werke des englischen Malers WILLIAM HOGARTH fanden bald Lichtenbergs Zuneigung: Bildbeschreibung und Bildkommentierung gaben Lichtenberg weitreichende satirische Vollmachten, die er ausschöpfte und sich dafür schadlos hielt, dass er den jahrelang geplanten, gesellschaftskritischen Roman nie fertigstellte. Am Detail entzündeten sich seine Imagination und sein Aberwitz.
Der Lichtenbergs geistiger Statur ebenbürtige Künstler war jedoch nicht Hogarth, sondern der italienische Architekt und Kupferstecher GIOVANNI BATTISTA PIRANESI, dessen römische Veduten Lichtenberg schon früh geläufig waren. Die ersten Ausführlichen Erklärungen der Piranesischen Kupferstiche gelten den Arbeiten zur antiken Hinterlassenschaft Roms, beispielsweise den Blättern mit der Cestius-Pyramide, den Caracalla-Thermen, der Innen- und der Außenansicht der Villa Maecenas. Schon in den ersten Abschnitten verdampft die Antikensehnsucht und der Klassizismus, die sich in der deutschen Literatur damals ausbreiteten: Von JOHANN JOACHIM WINCKELMANNS »edler Einfalt und stiller Größe« verflüchtigen sich alle Spuren, denn Lichtenberg weist anhand der Stiche Piranesis (und unter Rückgriff auf VITRUVS De architectura et hominibus libri duodecim) unerbittlich nach, dass die antike Architektur und damit die antike Kultur als Ganze dem Menschen nicht angemessen sei. Hauptbeleg dieses Nachweises sind die seltsam verkümmerten, gebückten, gebeutelten und gebuckelten Menschengestalten, die sich in Mauernischen drücken oder über Ruinenfelder balancieren: Die griechisch-römische Architektur habe, so zeige Piranesi, kein menschliches Maß, weswegen Menschen in ihrem Umfeld wie Kretins wirkten und wirken müssten. Kein Wunder, dass selbst JOHANN WOLFGANG GOETHE sich in seiner Italiänischen Reise verschreckt zeige: »Die Pyramide des Cestius ward für diesmal mit den Augen von außen begrüßt, und die Trümmer der Antoninischen oder Caracallischen Bäder, von denen uns Piranesi so manches Effektreiche vorgefabelt, konnten auch dem malerisch gewöhnten Auge in der Gegenwart kaum einige Zufriedenheit geben.« Gewiss, sagt Lichtenberg, »Zufriedenheit«, nämlich das Menschliche in der Kultur, sei unmöglich, wenn man sich auf antike Vorbilder einlasse, die es nachzuahmen gelte. Die Alternative, die Goethe freilich nicht habe sehen wollen, laute glasklar: entweder Antike oder Menschlichkeit. »At the end of the 18th century, the German writer and academic G. C. Lichtenberg discovered Piranesi as the most eminent advocate of Humanity against Antiquity.« (ARTHUR M. HIND: Piranesi, London 1922, S. 643).
Giovanni Battista Piranesi
In den folgenden Heften der Ausführlichen Erklärungen geht Lichtenberg über die Kritik an der menschenfeindlich-starren Klassik weit hinaus. Nun setzt die Beschäftigung mit Piranesis Schlüsselwerken, nämlich den Carceri ein, jenen albtraumhaften Kerker- und Maschinenvisionen, die aller biederen Dreidimensionalität hohnsprechen. Lichtenberg gelingt es, diese Carceri so anschaulich zu machen, dass noch seine englischen Bewunderer daraus eine vollständige Kenntnis von Piranesis Hauptwerken gewinnen konnten. So liest man in THOMAs DE QUINCEYS Confessions of an English Opium-Eater (1821): »Dr Lichtenberg described a set of plates by Piranesi, called his Dreams, and which record the scenery of his own visions during the delirium of a fever. Some of them (I describe only from memory of Dr Lichtenberg's account) represented vast Gothic halls: on the floor of which stood all sorts of engines and machinery, wheels, cables, pulleys, levers, catapults, etc. etc. expressive of enormous power put forth, and resistance overcome. Creeping along the sides of the walls, you perceived a staircase; and upon it, groping his way upwards, was Piranesi himself: follow the stairs a little further, and you perceive it come to a sudden abrupt termination, without any had reached the extremity, except into the depths below. Whatever is to become of poor Piranesi, you suppose, at least, that his labours must in some way terminate here. But raise your eyes, and behold a second flight of stairs still higher: on which again Piranesi is perceived, but this time standing on the very brink of the abyss. Again elevate your eye, and a still more aerial flight of stairs is beheld: and again is poor Piranesi busy on his aspiring labours: and so on, until the unfinished stairs and Piranesi both are lost in the upper gloom of the hall.«
In entsetzlicher Deutlichkeit macht Lichtenberg seinen Lesern klar, dass die Carceri nur das zeigen, was unser aller Lebensrealität ist - und dass bislang es nur niemand gewagt hat, dies ins Bild zu setzen, auszusprechen oder aufzuschreiben.
Das Leben ist ein Kerker mit unzähligen Treppenfluchten, die ins Nirgendwo führen, gespickt mit Maschinen, die unterschiedlichste Formen der Pein bereiten - ein Gedanke übrigens, den PHILIPP MAINLÄNDER in seiner Philosophie des Schmerzes von Lichtenberg übernehmen wird, ohne wie dieser den eigenen missgebildeten Leib schon als ein Gefängnis empfinden zu müssen. Wahrscheinlich sollte man froh darüber sein, dass das Piranesi gewidmete Sudelheft Lichtenbergs (das sagenhafte Heft XiZ) als verschollen gilt. Die vor dem Klassizismus gerettete Menschheit wäre den dort mit Feuer, Eisen und Blut geschmiedeten Erkenntnissen schwerlich gewachsen.
Literatur: Ulrich Joost/Wolfgang Promies: Experimentalarchitektur und Experimentalphysik. Piranesi, Lichtenberg und das Experiment des anti-antiken Humanismus, Göttingen 1996.
Antoine Roquetin
Die Entdeckung (La découverte), philosophisch-autobiographischer Roman des französischen Historikers ANTOINE ROQUETIN (1905-1980), Bouville 1938 (in späteren Ausgaben unter dem Titel L'esquive - Das Ausweichen). »Le public aime les romans faux: ce roman est un roman vrai«, heißt das EDMOND und JULES DE GONCOURTS Germinie Lacerteux entnommene Motto des Werkes. In Tagebuchform berichtet ein namenloser Ich-Erzähler - nur einmal ritzt er seine Initialen »JPS« in eine riesige Baumwurzel - aus seiner zunächst auswechselbar-melancholischen Existenz, die plötzlich durch eine Art Erweckungserlebnis, eben »die Entdeckung«, strahlend erhellt wird. Die Entdeckung widerfährt ihm, als er sich in einer belebten Einkaufsstraße eine Crêpe kaufen will: Schlagartig wird ihm bewusst, dass die meisten Menschen ihn nichts angehen - dass sie ihm fundamental gleichgültig sind und auch sein dürfen. Was immer Metaphysiker und Theologen vom unendlichen Wert des Menschen und seiner unveräußerlichen Würde salbadern mögen: Der Ich-Erzähler folgert aus seiner Entdeckung, dass die meisten Menschen für ihn ohne Interesse sind - gerade, weil sie Menschen, nur Menschen sind. Der Ich-Erzähler wird von seiner Entdeckung verwandelt; der Ekel, der ihn bis dahin angesichts alles Menschlichen beschlichen hat, ist wie weggeblasen. Die neue, programmatische Gleichgültigkeit gegenüber dem Anderen ist ein unendlicher Trost, gerade gegen die Jahrtausende alten Versuche von Religion und Moral, diese eigentlich ganz natürliche Gleichgültigkeit hinwegzureden und zu behaupten, der Andere würde mich unbedingt etwas angehen. Der Ich-Erzähler entdeckt, dass der Andere dies in den allermeisten Fällen gerade nicht tut.
Über das individuelle Erlebnis hinaus, auf das sich Roquetin in seiner Darstellung konzentriert, ergeben sich aus der Entdeckung gravierende Folgen für die Ethik. Sie pflegt sowohl in ihrer theologischen wie in ihrer philosophischen Ausprägung den Eindruck zu erwecken, die Tatsache, dass uns die meisten Menschen die meiste Zeit über gleichgültig sind, müsse unser Gewissen beschweren, weil diese Menschen uns »eigentlich« nicht gleichgültig sein sollten und dürften. Ethik in ihrer landläufigen Form lebt von diesem schlechten Gewissen - und sie lebt gut davon, sich gegen die Faktizität der Gleichgültigkeit aufzulehnen und so zu tun, als sei diese Faktizität das Böse schlechthin. Vielleicht wäre es tunlicher, in der Ethik die von Roquetin gemachte Entdeckung ernst- und wahrzunehmen und zu versuchen, Ethik auf der Tatsache der Gleichgültigkeit zu begründen - statt auf einem imaginären, kontrafaktischen Sollen, wonach wir uns doch alle liebhaben sollten. Das Bestürzende ist ja, dass menschliches Zusammenleben, das man exemplarisch in einem vollgepferchten Eisenbahnwagen studieren kann, gerade funktioniert, weil wir uns gegenseitig gleichgültig sind und sein müssen. Man stelle sich einmal vor, was passierte, wenn wir uns im Eisenbahnwagen alle unendlich wertvoll und liebenswürdig erschienen.
Das Fundament aller Moral - das heißt, das Prinzip unseres Zusammenlebenkönnens - ist die Gleichgültigkeit. Man hat unter Philosophen - mit der rühmlichen Ausnahme von RICHARD RORTYS Moralaskese und Moralindustrie Roquetins Entdeckung totgeschwiegen, weil sie gegen einen Leitkonsens der so wehleidigen Moderne verstößt (und im Übrigen der Ethik in ihrer bisherigen Form die Geschäftsgrundlage entzieht). MARTHA NUSSBAUM ist wenigstens ehrlich genug, ihren Entrüstungsmoralismus gegen Roquetin direkt in Stellung zu bringen. Jener Leitkonsens des unendlichen Wertes und der unendlichen Achtungs- und Liebeswürdigkeit des Anderen ist aber vielleicht nicht mehr als ein ideologisches Deckmäntelchen für die real praktizierte Menschenverachtung. Menschenverachtung wiederum verkörpert das ganze Gegenteil der Gleichgültigkeit. Gleichgültigkeit ist langmütig und freundlich, sie eifert nicht, treibt keinen Mutwillen und bläht sich nicht.
Stéphane Hessel
Man kann es nicht genug bedauern, dass Roquetin der Menschheit das in seinem (übrigens einzigen) Roman versprochene Manifest des Relativismus vorenthalten hat, denn im Relativieren-Können liegt die Zukunft der Menschheit. Dass dem so ist, beweist schon die Gehässigkeit der außerphilosophischen Attacken auf Roquetins philosophischen Indifferentismus. Diese Attacken verschwistern sich mit der absonderlichen Idee, Empörung sei an sich ein Gut, womöglich der Güter höchstes (»Ich wünsche euch allen, jedem Einzelnen von euch einen Grund zur Empörung. Das ist kostbar.« - STÉPHANE HESSEL: Empört euch! Aus dem Französischen von Michael Kögen, Berlin 2010, S. 10). Liest man dagegen Die Entdeckung mit einiger Aufmerksamkeit, wird man sich Roquetins Erkenntnis nicht auf Dauer entziehen können, dass das Unglück der Menschheit wesentlich daher rührt, dass sich stets irgendjemand über irgendetwas empört - und wiederum ein anderer sich gegen diese Empörung empört. Die Spirale der Empörung ist, so Roquetin, die Spirale der Selbstvernichtung unserer Spezies.
Nicht genug bedauern kann es der lesende Entdecker der Entdeckung, dass Roquetin die Geschichte der Indifferenz nie geschrieben hat, die sein Roman-Ich ebenfalls angekündigt hat. Diese Geschichte hätte nicht einfach eine Geschichte des Atheismus oder der Abschaffung des Theismus sein sollen, sondern die Kulturgeschichte des allmählichen Indifferentwerdens gegenüber den Zumutungen der Religionen und der Moralen, die den abendländischen Seelenhaushalt ein paar Jahrtausende heimgesucht haben. Es wird also an jemand anderem liegen, diese Geschichte der Indifferenz als Geschichte einer Befreiung, eines Triumphes zu Papier zu bringen. Roquetin war, wie sein Nachlass (in der Bibliothèque Municipale de Bouville) dokumentiert, ein Meister der Anfänge, leider aber nicht der Fortsetzungen. Er wollte schließlich auch ein Buch nur aus Buchanfängen schreiben. Mit jedem Buch fange, so Roquetin, die Welt neu an. Manche dieser Welten seien die besten, manche die schlechtesten aller möglichen Welten. In einem Buch nur aus Buchanfängen würde die Welt tausend Mal neu anfangen. Aber Roquetins Gesammelte Anfänge blieben unvollendet. Die Indifferenz auch gegenüber den neu anfangenden Welten hat am Ende überwogen.
Literatur: Jean-Paul Sartre: Der Indifferentismus ist ein Humanismus, übersetzt von Vincent von Wroblewsky, Reinbek bei Hamburg 1968.
Martin Heidegger
Entwesungsdenken, Gemeinschaftswerk des deutschen Philosophen MARTIN HEIDEGGER (1889-1976) und des deutschen Entomologen und Schriftstellers ERNST JÜNGER (1895-1998), Erstausgabe Pfullingen 1963. Anlass zu dieser einzigen gemeinsamen literarischen Unternehmung von Heidegger und Jünger bot die Interpretation eines Gedichtes von GEORG TRAKL, die Jünger in Heideggers Unterwegs zur Sprache (1959) gefunden hatte. Dort hatte es geheißen: »Elis ist kein Toter, der im Späten des Abgelebten verwest. Elis ist der Tote, der in die Frühe entwest. Dieser Fremdling entfaltet das Menschenwesen voraus in den Anbeginn dessen, was noch nicht zum Tragen kam.« Heidegger wollte Trakls »Verwesung« im Sinne von »Entwesung« nämlich als Wesensverlust verstanden wissen. Daraus folgt die Notwendigkeit, das Wesen der Entwesung zu bedenken - eine Notwendigkeit, die Jünger, wenngleich aus anderem Antrieb, ebenfalls verspürte. Seltsamerweise haben weder die Vor- und die Publikations-, noch die Rezeptionsgeschichte der gemeinsamen Veröffentlichung in dem von GÜNTER FIGAL 2008 edierten Briefwechsel Heideggers und Jüngers ihren Niederschlag gefunden, so dass wir über die Entstehungsumstände des Werkes nur unzureichend unterrichtet sind.
Heidegger beginnt den schriftlichen Dialog mit einigen etymologischen Erörterungen zum Begriff des Entwesens in der Bedeutung »entbehren, ohne etwas sein«, carere, in der mittelalterlichen Epik, zitiert aus den Nibelungen (»sît daz es mîn unsælde niht langer wolt entwesen«) und fragt dann, ob EDMUND HUSSERLS Phänomenologie ihrer ursprünglichen Intention nach nicht eine Theorie der Entwesung gewesen sei. Sie habe doch versucht, das Wesen der Dinge zu isolieren, und habe sie damit ihres Wesens beraubt. Entwesungsdiagnosen stellten auch FRIEDRICH HEINRICH JACOBI (»enteinzeln, entwesen und entwirklichen«) und GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL (»Entäußerung und Entwesung des Selbstbewußtseyns«). Solche und ähnliche Belege (namentlich aus dem mystischen Sprachgebrauch) führen Heidegger zur Vermutung, die Geschichte der abendländischen Metaphysik stelle sich insgesamt als eine Geschichte der Entwesung dar: Das Sein sei entwest worden.
Viel pragmatischer geht Jünger das Problem an. Zunächst zitiert er aus der erweiterten Auflage von HORST FEYS Wörterbuch der Ungeziefer-, Schädlings- und Pflanzenkrankheitsbekämpfung aus dem Jahr 1939 und will Entwesung als Vernichtung pflanzlicher und tierischer Schädlinge verstanden wissen. Namentlich den Anthrenus museorum, den Kabinettkäfer hat er im Visier. Dieses Tierchen droht mit seiner Gefräßigkeit Jüngers Insektensammlung zu verheeren. Jünger wirft sich zur Rettung seiner Sammlung als »Entwesungsbesorger« ins Zeug; der Krieg gegen den Anthrenus museorum ist Ausdruck eines »heroischen Nihilismus«. Der alte Kämpe schwelgt angesichts der Käferplage in Erinnerungen und reaktiviert die Reserve unsterblicher Sentenzen (»Seine Majestät der Kaiser hat Ihnen den Orden Pour le mérite verliehen«).
Ernst Jünger
»Entwesungsbesorger« und »Zeug« sind die Stichworte, die Heidegger in seiner Replik aufgreift und die seine Vorliebe fürs Handwerkliche, genauer: für die Holzverarbeitung nähren, nachdem er freundlich zu verstehen gegeben hat, dass das Gespräch mit Jünger für ihn ein Fest sei (ein »innerer Reichsparteitag«). Nach Heidegger versorgt ein Entwesungsbesorger die Sorge; er trage die Sorge für das Vorlaufen zum Tode. Am Ende endeten wir alle im »Entwesungskasten«, der ein »Entsorgungskasten« sei vulgo: im Sarg. Der Entwesungsbesorger ist also nicht wie bei Jünger ein simpler Kammerjäger, sondern ein Sargschreiner, vielleicht auch ein Bestatter. Entwesung als Seinsbestattung gilt Heidegger als Signatur des abendländischen Denkens. Da müssten Denk-Male des Geistes gesetzt werden.
Das Entwesungsdenken reift trotz seines Anspruchs nie zum ernsthaften Dialog zwischen den beiden Denkpartnern aus. Zu unterschiedlich sind die Prämissen. In den sehr verhaltenen zeitgenössischen Reaktionen auf das Buch haben einige Leser bemängelt, dass die politisch-monströse Dimension der »Entwesung« von Heidegger und Jünger systematisch ausgeblendet werde. Nicht zufällig sei Zyklon B als »Entwesungsmittel« im Gebrauch gewesen. Aber die Herren Jünger und Heidegger hätten sich zwischen 1939 und 1945 ja in der inneren Emigration befunden und also davon nichts mitbekommen können. Es war ihnen auf ihren Marmorklippen nicht zu Handen.
Literatur: Friedrich-Wilhelm von Herrmann: Wege in die Entwesung. Martin Heidegger und Ernst Jünger, Freiburg im Breisgau 1979
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La primera part de la història és més coneguda, i fins i tot ha arribat a
la Viquipèdia: després d'anys dedicant-se a estudiar i glossar Beethoven,
el mus...
Fallece MarÇal Cervera.
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Falleció el pasado 20 de Septiembre.
Tuve el plecer de asistir a sus cursos en Sevilla y recibir algunas de sus
clases . Siempre lo recordaré con afecto p...
Bernstein, vida i obra
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Aprofitant la celebració del centenari del naixement de Leonard Bernstein
aquest 2018, l’editorial Turner ha publicat en castellà Vida y obra de
Leonard Be...
Despedida y mudanza
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¡HASTA LOS MISMÍSIMOS!
Ante los problemas que este blog, abierto en septiembre de 2008, me está
dando últimamente con la subida de MIS FOTOS, y el tiempo q...
Pel·lícules i llibre sobre música
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Avui us comparteixo un blog que m'ha agradat molt! És PELÍCULAS Y LIBROS
SOBRE MÚSICA. Ells mateixos es defineixen: *Películas sobre música clásica.
Pelícu...
Iphigénie en Tauride no S. Carlos
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*Iphigénie en Tauride no S. Carlos*
*Henrique Silveira – Crítico*
*Crítica rápida e curta saiu originalmente no "O Diabo", seguir-se-á, após
o final das ré...
Dos pérdidas recientes: Vickers y Curtis
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En los últimos días se nos han ido dos figuras musicales de importancia,
dos artistas cuyo legado no guarda relación entre sí, pero en los cuales sí
se ob...
Carl Orff: Carmina Burana
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Carmina Burana es una cantata escénica del siglo XX compuesta por Carl Orff
entre 1935 y 1936, utilizando como texto algunos de los poemas medievales
de Ca...
Descans del blog
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Tancat per vacances indefinides.
Desitjo que continueu gaudint de la música.
Gràcies a tots els que m'heu visitat durant aquests anys.
Crítica
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Un menú bien contrastado
11.04.2014
Por *Federico Monjeau*
*Dirigido por Arturo Diemecke, el cuarto concierto del abono de la
Filarmónica presentó un...
Stevie Wonder
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Stevland Hardaway Judkins nació en, Saginaw, Míchigan, el 13 de mayo de
1950,ciego de nacimiento y tercero de una familia de 6 hijos. Hijo de un
pastor ...
Dígraf, de Joan Guinjoan
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Llevábamos mucho tiempo sin traer algo de música contemporánea por aquí, y
eso no está nada bien. Precisamente eso es lo que pensaba el viernes pasado
v...
Der Rosenkavalier al Liceu
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Fotos: Martina Serafin, Sophie Koch, Ofèlia Sala i Peter Rose (a l'imatge
en el paper de Boris).
Abans de res voldria comentar-vos que no us poso les habit...
Chronologies de Pelléas
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Le décor de Jusseaume (pour la création de 1902) de la scène 3 de l'acte I.
Comme j'ai enfin pu mettre la main sur les dates de compositions de
Pelléas, vo...
Threnody of the Loudest
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Click to enlarge. Source: Whisk. A congress of asses convenes in the hall,
They kick up dust, they bray and they brawl. Each wearing finery, yet the
ears b...
Polkas du Nouveau Monde
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Polkas du Nouveau Monde
Pourquoi les innombrables commentaires affirmant que la *Symphonie du
Nouveau Monde* relève de la musique tchèque s’abstiennent-ils ...
Inventions à quatre voix (Come Bach au Lucernaire)
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En prétextant la visite d'une amie new-yorkaise, nous sommes allés au
théâtre du Lucernaire voir le spectacle musical Come Bach, proposé par un
quatuor d...
Les splendeurs musicales sous la cour des Gonzague
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L'ensemble italien Biscantores, sous la direction de Luca Colombo nous
propose, sous le label Arcana (Outhere Music) un enregistrement regroupant
une sélec...
La liste de Silvia Careddu
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C. Debussy Prelude a l’après-midi d’un faune C. Abbado - Berliner
Philharmoniker 2. J. Brahms 4ème Symphonie C. Kleiber - Wiener
Philharmoniker 3....
Ernste Gesänge : les désillusions de Berlin-Est
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Label : Harmonia Mundi
Date de parution : septembre 2013
Durée totale : 54'05
*Hanns Eisler*
*Ernste Gesänge . Lieder mit Klavier . Klaviersonate op. 1 *
*...
Ludwig van, de Mauricio Kagel
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Mil neuf cent soixante dix. Le deux centième anniversaire de Beethoven.
Cela a dû être si intense, en Allemagne du moins, que Mauricio Kagel, qui
résidait...
Master class
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Via le site de la bienen school of music, Une série de master classes à
voir : Menhamem Pressler en musique de chambre, Yefin Bonfman en piano, Stephen
...
Gustav Holst
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Gustav Holst (1874-1934)Con la morte di Handel, avvenuta nel 1759 si
assiste alla progressiva rarefazione di musicisti. Di fronte all'allarmante
fenomeno l...
Addio a Christoph von Dohnányi
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Purtroppo proseguono gli addii: all’antivigilia del suo 96esimo compleanno
si è spento a Monaco di Baviera Christoph von Dohnányi.
https://www.giornaledell...
Centro Studi sul Teatro Musicale
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Nell'ambito del Dipartimento di Studi Umanistici dell'Università di Torino,
nasce il Centro Studi sul Teatro Musicale
1 Agosto 2016, ricordando Maestro
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*19 anni dopo*
*1 A g o s t o 2 0 1 6 *
*ricordando Maestro*
*"Verso la sera". Gessetto su cartoncino di C.Grandis. 2016*
*Tutto passa. Le sofferenze,...
Vignette, caricature, tragedie
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Un po’ di clamore ha fatto nei giorni scorsi nel Regno Unito una caricatura
d’epoca di un grande violinista della fine dell’Ottocento, Leopold Auer,
pubbli...
SORPRESA!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
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Sorpresa!Ci siamo trasferiti nel nostro nuovo sito.Da oggi ci trovate
all'indirizzo http://www.ilcorrieredellagrisi.eu/...Ci vediamo lì!GG &
friends
The composers of the Kammermusikkammer are ordered by date of birth. With J. S. Bach starts the Klassik (1685), with Beethoven the Romantik (1770), with Schönberg the Neue Musik (1874).
Schumann: Dichterliebe (remastered)
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Libremente inspirado en *Lyrisches Intermezzo* de Heinrich Heine (Schumann
adaptó los poemas a las necesidades de la música, reordenando y alterando
algu...
Turandot: "Tanto amore segreto"
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*Cari amici,*
No trecho musical de hoje, percebemos que não se pode
subestimar o papel de Liù em Turandot e cantá-lo não é uma tarefa f...
Telemann - Kapitansmusik 1744
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Georg Philipp Telemann (1681-1767)
Oratorio - Vereint euch, ihr Burger, und singet mit Freuden TWV 15:15a
Serenata - Freiheit! Gottin, die Segen und Frie...
Bellini: I Puritani (New York 2017)
-
*Vincenzo Bellini I Puritani *
Aufzeichnung der Metropolitan Opera vom 18.2.2017
Lord Arturo Talbot | Javier Camarena
Elvira Walton | Diana Damrau
Si...
From the Back Room: Two from Marty Paich
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The cool fellow above is the distinguished pianist-arranger-composer Marty
Paich (1925-95), who issued many fine albums under his own name and as
music di...
VIII Centenaire de Notre Dame de Paris
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André Campra: Psaume "In convertendo Dominus"*
Pierre Desvignes: Te Deum*
Louis Vierne: Marcha triomphale per le Centeneaire de Napoléon I*
Pierre Cocherea...
Der Alte ja vergangen ist
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*‘Festival in Haiti’ *
*Déclaration Paysanne (Meringue)Pétro-Quita (Drum Rhythms)Shango
(Invocation)Pennywhistle FantasieSolé Oh! **(Invocation-Yanv...
A short note / ein kurzer Hinweis
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As there are some hopeful future readers who mailed me more than once, here
is a short note: everyone who has mailed me will stay in the list, but I am
not...
A Musical Couple
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The cellist William Pleeth is probably best remembered for his association
with Edmund Rubbra and as a teacher to Jacqueline du Pré. Alas his wife,
the pi...
Ouvertüre Gala Konzert - 10 sep 2025
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1- Jacques Offenbach (1819-1880) - Orpheus in the Underworld (1858) -
Overture
Live performance by The Arctic Philharmonic Orchestra
conducted by He...
Maria Perrotta Plays Chopin (2015)
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Frédéric Chopin (1 de marzo de 1810, Żelazowa Wola, Polonia - 17 de
octubre de 1849, París, Francia)
Maria Perrotta, Piano
Audio CD
Label: Decca
ASIN:...
Folhas de Graviola - A Cura do Câncer
-
*OFERTA MUITO ESPECIAL*01 pacote com 120 folhas de graviola, quantidade
suficiente para até 40 dias de tratamento, sem cobrança de frete, a*penas:*
*.*
* R$...
Genesis - Selling England by the Pound
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*Poesía y belleza del mejor Genesis*
Un nombre no basta para identificar a un grupo y he aquí una prueba: la
discografía de *Genesis *comienza en 1969 ...
RE:Cuartetos Mexicanos Desconocidos Vol. 2
-
El presente volumen de cuartetos para instrumentos de arco -en realidad más
olvidados que desconocidos- fueron a la sazón escritos por una terna de
músic...