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»Die letzte Woche des Septembermonats ist, was unser äußeres Leben betrifft, sehr still hingegangen«, schreibt Clara Schumann Ende September 1842 in das gemeinsam mit ihrem Gatten Robert geführte Ehetagebuch. »Um so mehr aber hat mein Robert mit dem Geist gearbeitet! Er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint - ein Werk voll Kraft und Frische! - ich hoffe sehr, es diesen Winter noch öffentlich hier zu spielen.« Tatsächlich hatten die Schumanns nach turbulenten Jahren zuvor endlich gemeinsam etwas Ruhe gefunden. Die Nachstellungen von Claras Vater und Roberts ehemaligem Klavierlehrer Friedrich Wieck, der ihre Eheschließung mit allen lauteren und unlauteren Mitteln zu verhindern versucht hatte, waren nach gerichtlichen Auseinandersetzungen beendet. Clara, Anfang 20, feierte auch ohne die Unterstützung ihres ehrgeizigen Vaters weiterhin Triumphe als Pianistin; und Robert, knapp ein Jahr jünger als Clara und noch ohne feste Stelle, verfiel in einen wahren kompositorischen Schaffensrausch, in dessen Verlauf auch das Es-dur-Klavierquintett op. 44 entstand.
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Vielleicht liegt es am Glück der so heftig erkämpften Ehe und an der resultierenden seelischen Vitalität jener Jahre nach 1840, daß das Quintett wirklich, wie Clara schreibt, "voll Kraft und Frische" ist und daß - mit Robert Schumanns eigenen Worten - »ein recht reges Leben darin« ist. Die Energie, der Schwung, die kraftvoll packende Lebendigkeit gleich zu Beginn des ersten Satzes prägt das ganze Stück. Auch wenn der Trauermarsch des zweiten Satzes in andere Regionen führt und einen versunkenen Klagegesang anstimmt - das Scherzo greift sogleich wieder die positive Stimmung des Anfangs auf, das Finale bestätigt sie mit allen Möglichkeiten kompositorischer Phantasie und kammermusikalischer Pracht. Was man bei all dem Temperament des Quintetts glatt überhört, ist die Tatsache, daß es ausgesprochen subtil gebaut ist mit einer ganzen Reihe motivischer und intervallischer Beziehungen zwischen den Sätzen, die dem voranstürmenden Werk seinen inneren Zusammenhalt geben und dafür sorgen, daß es nicht nur eine oberflächliche Attraktivität besitzt, sondern eine Schönheit, die von innen kommt. So schrieb dann auch kein geringerer als Richard Wagner, nachdem er das Quintett erstmals gehört hatte (und er hatte es sich aus Begeisterung und Interesse gleich zweimal vorspielen lassen), an Schumann: »Ich sehe, wo hinaus Sie wollen, und versichere Ihnen, da will auch ich hinaus: es ist die einzige Rettung: Schönheit.«
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Der Schaffensrausch hielt an. Nur wenige Wochen nach dem Quintett arbeitete Robert Schumann bereits am Klavierquartett op. 47 - und es sollte wieder ein Werk werden, das überschwengliche Lebendigkeit mit einem intensiven Blick auf die ganz anders geartete Kehrseite (im langsamen Satz) kombiniert. Daß dieses Quartett dennoch weniger populär wurde als das Vorgängerwerk, liegt an einer Reihe von Gründen, die für den Komponistcn Schumann eigentlich einen Fortschritt bedeuten. Zunächst einmal rückt in op. 47 das Klavier aus seiner vormals oft noch dominanten Position näher an die sich emanzipierenden Streichinstrumente, das Werk klingt im Zusammenspiel der gleichberechtigten Stimmen kammermusikallscher. Dann wirkt die ganze Machart des Quartetts bei aller sinnlichen Prägnanz nun souveräner, übersichtlicher, klarer gestaltet. Und schließlich hat es - vielleicht als Konsequenz dieser beiden Beobachtungen - einen subtileren, poetischeren Charakter.
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Als sich Robert Schumann im Sommer 1847 an das Klaviertrio d-moll op. 63 setzte, sah seine Lebenssituation mittlerweile völlig anders aus als noch wenige Jahre zuvor, als er in ungestümem Schaffensrausch eine wahre Flut an Kammermusik hervorgebracht hatte. Enttäuschungen und Mißerfolge, Nervenzusammenbrüche und Alkoholexzesse, Depressionen und monatelange Arbeitsunfähigkeit, die Umsiedlung von Leipzig nach Dresden, die ihn auch nicht glücklicher machte - der Komponist erlebte eine schwere Zeit. Kein Wunder, daß das d-moll-Trio einen ganz anderen Duktus hat als die Vorgängerwerke, daß es stark vertiefte Ausdruckswerte zu Gehör bringt. Geblieben ist der Musik die Leidenschaft und die Kraft. Aber nicht zuletzt dadurch, daß er sie stark mit Chromatik und Vorhaltsharmonik anreichert, gelangt Schumann hier in expressive Dimensionen, die man von ihm bislang nicht kannte.
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Kaum hatte er das d-moll-Trio abgeschlossen, begann Robert Schumann gleich das nächste Werk dieser Gattung, das Klaviertrio F-dur op. 80. »Es ist von ganz anderm Charakter als das in D - und wirkt freundlicher und schneller«, charakterisiert der Komponist selbst das neue Stück. Und seine Frau Clara ernennt es bald zu einem ihrer Lieblingswerke schlechthin: »Es gehört zu den Stücken Roberts, die mich von Anfang bis zum Ende in tiefster Seele erwärmen und entzücken. Ich liebe es leidenschaftlich und möchte es immer und immer wieder spielen.« Es dürfte die Balance zwischen kompositorischer Phantasie, formaler Souveränität und unmittelbarer Ausdruckstiefe sein, was das F-dur-Trio für diesen hohen Rang in Claras Wertschätzung prädestiniert. Und was darüber hinaus die Musikwissenschaftler nachfolgender Generationen entzückt, ist beispielsweise die Fülle unterschwelliger Beziehungen der Sätze untereinander, wenn Intervalle oder Motive in anderem Kontext wiederkehren und so auch auf intellektueller Ebene diejenigen Beziehungen und Zusammenhalte stiften, die das bloß lauschende Ohr bestenfalls erahnen kann.
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1850 zogen die Schumanns nach Düsseldorf; Robert trat dort die Stelle des Städtischen Musikdirektors an. Aber so recht froh wurde der introvertierte Komponist, der so gar keine rheinische Frohnatur war und sich allerhand Anfeindungen ausgesetzt sah, dort nicht. In dieser Situation schrieb er in wenigen Oktobertagen 1851 das g-moll-Trio op. 110 nieder. Wieder gibt es eine knappe, treffende Charakterisierung von Clara, die wie immer bei den Proben das Klavier spielte und von dem Trio sogleich »einen gewaltigen Eindruck« mitnahm: »Es ist originell, durch und durch voller Leidenschaft, besonders das Scherzo, das einen bis in die wildesten Tiefen mit fortreißt.«
Quelle: Thomas Kahlcke: „Kammermusik mit Leidenschaft und Kraft“, im Booklet (Seite 4 und 5)
TRACKLIST ROBERT SCHUMANN (1810-1856) CD 1 [1.13'18"] Piano Quintet in E flat, Op. 44 Klavierquintett Es-dur Quintette pour piano en mi bémol majeur [01] 1. Allegro brillante 8'45" [02] 2. In modo d'una marcia. Un poco largamente 8'46" [03] 3. Scherzo. Molto vivace 4'35" [04] 4. Allegro, ma non troppo 6'57" Piano Quartet in E flat, Op. 47 Klavierquartett Es-dur Quatuor pour piano en mi bémol majeur [05] 1. Sostenuto assai - Allegro ma non troppo 9'12" [06] 2. Scherzo. Molto vivace 3'32" [07] 3. Andante cantabile 7'37" [08] 4. Finale. Vivace 7'35" Piano Trio No. 1 in D minor, Op. 63 Klaviertrio d-moll Trio pour piano en ré mineur [09] 1. Mit Energie und Leidenschaft 11'09" [10] 2. Lebhaft, doch nicht zu rasch 4'26" CD2 [1.07'28"] Piano Trio No. 1 (cont.) [01] 3. Langsam, mit inniger Empfindung 6'06" [02] 4. Mit Feuer 7'44" Piano Trio No. 2 in F, Op. 8O Klaviertrio F-dur Trio pour piano en fa majeur [03] 1. Sehr lebhaft 7'17" [04] 2. Mit innigem Ausdruck 7'38" [05] 3. In mäßiger Bewegung 5'43" [06] 4. Nicht zu rasch 5'39" Piano Trio No. 3 in G minor, Op. 110 Klaviertrio g-moll Trio pour piano en sol mineur [07] 1. Bewegt, doch nicht zu rasch 9'52" [08] 2. Ziemlich langsam 5'42" [09] 3. Rasch 3'48" [10] 4. Kräftig, mit Humor 7'19" Total Playing Time [2.20'46"] BEAUX ARTS TRIO Menahem Pressler piano · Klavier Isidore Cohen violin · Violine · violon Bernard Greenhouse Violoncello · violoncelle Dolf Bettelheim violin . Violine · violon (Op. 44, 47) Samuel Rhodes Viola · alto (Op. 44, 47) Recorded · Aufnahmen · Enregistrements: Concertgebouw, Amsterdam, 6/1975 (Op. 44, 47) La Chaux-de-Fonds, Switzerland, 8/1971 (Op. 63, 80, 110) CD 1: tracks 9. 10 & CD 2 digitalised by BITSTREAM ® 1997 ADD
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Robert Schumann im Internet
Robert Schumann Gesellschaft Düsseldorf: "Düsseldorf war wohl die wichtigste berufliche Station im Leben Robert Schumanns, da er hier zum ersten und zugleich letzten Mal ein öffentliches Amt bekleidete."
Schumann-Netzwerk / Schumann-Portal: "Mit Blick auf die Jubiläumsjahre 2006 (150. Todestag) und 2010 (200. Geburtstag) wurde im Herbst 2005 ein Schumann-Netzwerk ins Leben gerufen. Unter Bonner Federführung schlossen sich einige mit Robert Schumann verbundene Einrichtungen der Schumann-Städte Zwickau, Leipzig, Düsseldorf und Bonn mit dem Ziel zusammen, dem großen deutschen Komponisten ihre Reverenz zu erweisen und durch eine Bündelung der Aktivitäten zu größtmöglicher öffentlicher Wahrnehmung zu verhelfen."
Robert Schumann Jahr 2010 in Zwickau: "Die Stadt Zwickau, wo Schumann am 8. Juni 1810 geboren wurde, lädt ein, auf Schumanns Spuren zu wandeln und in Konzerten und anderen Veranstaltungen seiner Musik zu begegnen."
Robert Schubert bei Klassik.com: Werkbesprechungen, Diskographie, Plattenkritiken, Veranstaltungskritiken
Robert und Clara Schumann haben von September 1840 bis Dezember 1843 gemeinsam das Tagebuch ihrer Ehe geführt. Es ist das Dokument einer schwierigen Künstlerbeziehung und trauriges Zeugnis einer Entfremdung. Hier wird gelesen aus: Meisterwerke. Bibliothek Universaler Bildung. Selbstzeugnisse I. Hrsg. von Dr. Serge Maiwald. Verlag Herder Freiburg, 1949.
CD 1, Track 10: Klaviertrio Nr 1 in d-moll, Op. 63. II. Lebhaft, doch nicht zu rasch
CD Info and Scans (Tracklist, Covers, Booklet, Music Samples, Pictures) 43 MB
rapidgator --- 1fichier --- Filepost --- Depositfile --- adrive
Unpack x77.rar and read the file "Download Links.txt" for links to the Flac+Cue+Log Files [140:46] 626 MB in 4 parts
Reposted on May 29, 2014
CD 2, Track 8: Klaviertrio Nr 3 in g-moll, Op. 110. II. Ziemlich langsam
1 Kommentar:
at last there is music by Schumann posted. it's a shame, his music is a rare output from bloggers. there is hope it will change by next years anniversary. thank you for your support
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