Beherrschende Figur war der am 8. Oktober 1897 geborene Joseph Calvet, der am Conservatiore von Toulouse, ab 1914 am Conservatoire in Paris studierte. 1919 übernimmt er das 1909 von dem berühmten Geiger Marcel Chailley gegründete Quartett mit personellen Umbesetzungen. In seiner ersten Formation bestand das Quatuor Calvet aus den Violinisten Joseph Calvet und Georges Mignot, dem Bratscher Leon Pascal und dem Cellisten Paul Mas. 1930 verließ Mignot das Quartett, sein Nachfolger wurde Daniel Guilevitch. Das Quartett konnte mit ihm über die gesamten 30er Jahre hinweg sein hervorragendes künstlerisches Niveau halten und begann 1931 mit den ersten Schallplattenaufnahmen. Bei Kriegsausbruch spielte es zunächst noch weiter, aber nach der Besetzung Frankreichs mußte Guilevitch als Jude fliehen. Er emigrierte in die USA, änderte seinen Namen in Guilet und gründete 1941 ein eigenes Quartett. 1955 gehörte er zu den Gründern des Beaux Arts Trio, bei dem er bis 1969 spielte. Sein Ausstieg bedeutete das Ende des Quartett Calvet.
Gabriel Fauré (1845-1924)
Der Bratscher Leon Pascal stellte 1942 ein eigenes Quartett auf, das nach dem Kriege als offizielles Ensemble des französischen Rundfunks fungierte und zahlreiche Schallplatten einspielte, darunter auch einen Beethoven-Zyklus. Außerdem unterrichtete er ab 1950 am Consevatoire in Paris. Calvet selbst widmete sich in den Kriegsjahren vor allem der Arbeit mit jungen Musikern und gründete nach Kriegsende ein zweites, nach ihn benanntes Quartett. Es konnte jedoch nicht an die Erfolge der Vorkriegsjahre anschließen. 1950 zog sich Calvet zurück und konzentrierte sich auf seine pädagogische Tätigkeit. Er starb im Mai 1984 in Paris.
Während seiner goldenen Zeit in den 20er und 30er Jahren war das Quartett für zahlreiche Uraufführungen, insbesondere der franco-belgischen Musik, verantwortlich, z.B. Guy-Ropartz Streichquartette Nr. 3 und 4, das Sextett von Vincent d'Indy, Werke von Delannoy, Reynaldo Hahn und Jean Francaix. 1928 spielte es in Konzerten den ersten Beethoven-Zyklus. Schallplatten spielte es überwiegend für Columbia und HMV ein. Daneben entstanden auch zahlreiche Aufnahmen mit Werken der Wiener Klassik für Telefunken.
César Franck (1822-1890)
„Im Unterschied zum Capet Quartett, dessen Stil noch den Traditionen des 19. Jahrhunderts verpflichtet war und das auch durch den nur minimalen Gebrauch von Vibrato leicht altmodisch klang, schufen Calvet und seine Mitstreiter ein modernes Klangbild. Wer heute ihre Aufnahmen hört, muß das expressive Portamento billigend in Kauf nehmen, das den Gepflogenheiten der Zeit entsprach. Aber selbst heute will es scheinen, als ob die Musik Ravels oder Debussys ohne dieses Stilmittel falsch klingt. So merkwürdig das Portamento heutigen Hörern auch vorkommen mag, bei ausgezeichneten Musikern wie denen des Calvet Quartetts hat es oft eine strukturelle Funktion, die bestimmte Phrasierungen verbindet und der Interpretation Zusammenhalt gibt.“ (Tully Potter)
Quelle: Robert Stuhr, im Tamino Klassikforum
GABRIEL FAURÉ (1845-1924)
Klavierquartett Nr. 1 c-moll, Op. 15
Seinen besonderen Reiz erhält das 1879 komponierte erste Klavierquartett Faurés durch das eigentümliche Spannungsfeld, das sich aus der Konfrontation von Traditionalismus und freier, individueller Form ergibt. Einerseits weist die ganze Anlage klassisch-romantische Formen auf: Viersätzigkeit, Sonatenform in den Ecksätzen, Dreiteiligkeit der Mittelsätze. Andererseits ging Fauré innerhalb dieser selbstgesetzten Grenzen höchst frei und individuell mit seinem Tonmaterial um. Dem Kopfsatz mit seinen zwei gegensätzlichen Themen folgt ein bewegtes, lebendiges Scherzo. Ruhepunkt des Stückes ist das meditative Adagio, dem ein kontrapunktisch gearbeitetes Finale folgt, dessen Coda das Stück in reinem Dur beschließt.
Claude Debussy (1862-1918)
CÉSAR FRANCK (1822-1890)
Streichquartett D-Dur
Im Gegensatz zu César Francks Violinsonate ist sein 1889 komponiertes Streichquartett in D-Dur weitgehend unbekannt. Das Werk entstand nach Francks eingehendem Studium der Beethovenschen Quartette. Franck wandte hier, wie in anderen seiner kammermusikalischen Werke, einen Kunstgriff an, der zu einer Einheit des ganzen Werkes führt: alle Themen der vier Sätze weisen Verwandtschaften, oder zumindest sehr starke Ähnlichkeiten auf. Die langsame Einleitung stellt das Thema vor, das im folgenden Allegro des ersten Satzes kunstvoll mit kontrapunktischen Mitteln verarbeitet wird. Sowohl im folgenden Scherzo, als auch im dritten Satz - dem Larghetto - sind Einflüsse Beethovens zu spüren. Im letzten Satz treffen Themen der vorangegangenen Sätze auf einen weiteren melodischen Einfall und werden diesem entgegengestellt und letztendlich verbunden.
CLAUDE DEBUSSY (1862-1918)
Streichquartett g-moll
Claude Debussys 1893 komponiertes Streichquartett g-moll zeigt, wie souverän der Komponist mit tradierten Formen umging: Er verwarf den viersätzigen Aufbau und dessen bewährte Folge von Satzcharakteren keineswegs. Hinter diesen Großformen, im lnnern der Einzelsätze, kam Debussy jedoch ohne die Durchführungstechnik der klassisch-romantischen Tradition aus. Eher werden, in impressionistischer Manier, wenige Grundgedanken in immer neuen Beleuchtungen gezeigt. Diese Abweichungen vom Gewohnten führten zu einem Misserfolg bei der Uraufführung am 29. Dezember 1893.
Maurice Ravel (1875-1937)
MAURICE RAVEL (1875-1937)
Streichquartett F-Dur
Ravels Streichquartett entstand in den Jahren 1902 und 1903 und wurde am 5. März 1904 in Paris uraufgeführt. Das Publikum dieses Konzertes reagierte äußerst ablehnend auf die neue Komposition. Der Aufruhr der Uraufführung verhinderte Ravels Teilnahme am Wettbewerb um den Rompreis des Jahres 1905. Im Rückblick lässt sich die Ablehnung und die Verwirrung schwerlich nachvollziehen: Ravels Komposition ist äußerst klar gegliedert, die Strukturen sind einfach und nachvollziehbar. Thematische Bezüge verbinden die vier Sätze des Werkes und stellen eine wirkungsvolle Einheit her. So übersichtlich und wenig individuell die Form des Stückes ist, so überzeugend ist die Ausführung des Ganzen: immer neue Ideen werden fantasievoll zusammengeführt und doch bleibt alles, trotz dieser Vielfalt, transparent.
Introduction et Allegro
Ravel komponierte sein äußerst reizvolles Stück für Harfe, Flöte, Klarinette und Streichquartett 1905. Ebenso wie im Streichquartett schaffen auch hier gemeinsame Themen einen engen Bezug der zwei Sätze zueinander. Das Stück besticht durch delikate Klangkombinationen im geheimnisvollen ersten Satz und im schwebend-rhythmischen Allegro. Vieles an diesem Stück weist auf die später entstandene "Valses nobles et sentimentales" hin.
Quelle: Anonymus, im Booklet
TRACKLIST CD 1 GABRIEL FAURÉ (1845-1924) Klavierquartett Nr. 1 c-moll, Op. 15 Quartet for Piano and Strings No.1 in C minor, op.15 1. I: Allegro molto 8:45 2. II: Scherzo 5:30 3. III: Adagio 7:19 4. IV: Allegro molto 7:19 Robert Casadesus, Klavier / piano Joseph Calvet, Violine / violln Leon Pascal, Viola / viola Paul Mas, Cello / cello Recorded in 1935 CÉSAR FRANCK (1822-1890) Streichquartett D-Dur / String Quartet in D major 5. I: Poco Lento, Allegro 17:10 6. II: Scherzo (Vivace) 4:39 7. III: Larghetto 11:59 8. IV: Finale (Allegro molto) 13:23 Quator Pro Arte: Alphonse Onnou, Violine / violin Laurent Halleux, Violine / violin Germaln Prevost, Viola / viola Robert Maas, Cello / cello Recorded in 1933 Total Time: 76:21 CD 2 CLAUDE DEBUSSY (1862-1918) Quartett g-moll / Quartet in G minor 1. I: Animé et trés décidé 6:00 2. II: Assez vif et bien 3:39 rythmé 3. III: Andantino (Doucement 8:20 expressif) 4. IV: Trés modéré 6:46 Quator Calvet: Joseph Calvet, Violine / violin Daniel Guilevitch, Violine / violln Leon Pascal, Viola / viola Paul Mas, Cello / cello Recorded in 1931 MAURICE RAVEL (1875-1937) Quartett F-Dur / Quartet in F major 5. I: Allegro moderato 8:04 (Trés doux) 6. II: Assez vif et trés 6:10 rythmé 7. III: Tres lent 8:50 8. IV: Vif et agité 4:40 Quator Calvet: Joseph Calvet, Violine / violin Daniel Guilevitch, Violine / violin Leon Pascal, Viola / viola Paul Mas, Cello / cello Recorded in 1936 9. Introduction et Allegro, 10:57 Lily Laskine, Harfe / harp Marcel Moyse, Flöte / flute Ulysse Delecluse, Klarinette / clarinet Quator Calvet: Joseph Calvet, Violine / violin Daniel Guilevitch, Violine / violin Leon Pascal, Viola / viola Paul Mas, Cello / cello Recorded in 1938 Total Time: 63:43 (P)+(C) 2002
Georges Seurat: Ein Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte, 1884-86, Art Institute of Chicago
Georges Seurat (1859-1891)
Diese Atmosphäre des Kunststreites [um den Salon der Unabhängigen] veranlaßte Seurat ein umfassenderes Werk zu beginnen, mit mehr Figuren; zugleich verbannte er die Ockerfarben von der Palette und gründete seine Technik auf die »Reinheit der Spektralfarben«, mit anderen Worten, er wollte nur die reinen Farben des Sonnenspektrums im Bild verwenden. Ende Mai 1884, am Himmelfahrtstag, begann er das große Bild gleichzeitig mit der Serie vorbereitender Studien. Er wollte einen Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte zeigen, jener Seineinsel in Neuilly, wohin die Pariser an schönen Tagen mit der ganzen Familie kamen, um sich zu erholen. Seurat erkundete das Gebiet mit seinem Malkasten, prägte sich die Lichtverhältnisse ein, legte nicht nur den genauen Ort der Erholungsszene fest, sondern auch die ganze Umgebung. Einer der ersten Croquetons stellt die Seine im Frühling dar, so wie man sie an der Grande Jatte sah; andere Abschnitte in näherer oder weiterer Entfernung, Uferränder oder Unterholz folgten.
In den Croquetons entwickelt Seurat eine regelrechte Stenographie des Lichtes; seine Farben werden meistens gestrichelt, haben aber manchmal das Aussehen von Flecken, die den Ton angeben; er zögert nicht, einen Sonnenschirm durch einen runden Tupfer, Angler durch Striche anzudeuten. Er entdeckt die Gegend Stück um Stück, malt hier eine Hintergrundansicht mit einer Gruppe, dort ein Panorama mit einem einzigen Menschen, dann wieder eine Studie mit Figuren teils im Schatten, teils in der Sonne, sitzend oder stehend. Seurat suchte sich die Figuren für sein Bild eine nach der anderen im Lauf von vielen Beobachtungen aus, und er wählte sie aus allen Schichten. Nach Jules Christophe findet man dort: »junge Mädchen, eine Amme, eine Großmutter mit Charakterkopf unter der Haube, einen schlaksigen Ruderer, Pfeife rauchend, ohne Besonderheit, dessen helle Hose unten durch das starke Sonnenlicht vergeht, ein dunkelpurpurner Köter, ein fuchsroter Schmetterling, eine junge Mutter und ihr Töchterchen in Weiß mit lachsfarbenem Gürtel, zwei Kadetten in Uniform, und wieder junge Mädchen, von denen eines einen Strauß ordnet, ein Kind mit roten Haaren im blauen Kleid, eine Familie mit Kindermädchen, die das Baby trägt, und außen ganz rechts ein ungehöriges, skandalöses Paar, ein junger Elegant, der seiner aufgedonnerten Begleiterin den Arm bietet, die an der Leine einen gelbroten exotischen Affen führt.«
Georges Seurat: Boote bei Ebbe, Grandcamp, 1885, Lefevre Gallery, London
Das endgültige Bild der Grande Jatte war fertig für die Ausstellung der Unabhängigen im März 1885; da aber die Ausstellung nicht stattfinden konnte, ging Seurat zu anderen Arbeiten über. Während seines sommerlichen Ferienaufenthalts in Grandcamp, einem Fischerdorf am Ärmelkanal, malte er seine ersten Seestücke und hatte Freude daran, die Weite von Himmel und Meer zu beschreiben. Er malte die reine Natur ohne die dort lebenden Menschen. »Sonnenuntergang Grandcamp« setzt Himmelstreifen und Erdstreifen gegeneinander. »Seestück Grandcamp« verbindet Himmel, Erde und Meer zu einem einzigen Eindruck unendlicher Einsamkeit. Schiffe und Segel beleben die Seestücke, aber nirgendwo sind Menschen zu sehen; die drei Boote auf dem Strand beim »Liegeplatz in Grandcamp« ähneln den Resten toter Krabben, und bei »Boote und Fischerkähne in der Flut« geht es ihm vor allem um die Gegensätze von Waagerechten und Senkrechten. Allgemein glaubte man, daß Lyrik Sache eines fieberhaften, aufgeregten Menschen sei, der sich in der Poesie im Ausrufestil ausdrückt und in der Malerei durch Verwirrung. Seurat aber gibt uns das Beispiel einer kühlen Lyrik. Er begeistert sich für das, was er sieht, aber er weigert sich, diese Begeisterung auszubreiten: er verbirgt sie unter der Maske der Geometrie.
Die Meeresbilder von Grandcamp sind Beweise für die Beschäftigung mit harmonischer Dreiecksanordnung. In der »Reede von Grandcamp« (Sammlung Mr. und Mrs. David Rockefeller, New York) wird ein begrüntes Dreieck in der Mitte vorn aufgewogen durch die Dreiecke der Segel; in »Grandcamp am Abend« steht eine dreieckige Fläche Land im Gegensatz zu den Treppenstufen, die im Winkel von einer horizontalen Basis aufsteigen. Für »Die Spitze von Hoc«, das typischste Bild dieser Serie, gab es eine Vorstudie mit kaum sichtbarem Horizont und zwei schwarzen Dreiecken vor dem Meer rechts. In der endgültigen Fassung ist der Himmel viel höher, die Felsspitze gekrönt durch einen Möwenflug in Y-Form, der Spannung und Gleichgewicht des Felsblockes verstärkt. Die Vielfalt der Farbflecke ist auch typisch für die Seestücke von Grandcamp: Tupfer für den Boden, senkrechte Striche für die Felsen, waagerechte flache für das Meer usw. In »Boote bei Ebbe, Grandcamp« wie in »Die Spitze von Hoc« kann man etwas Neues entdecken: die Pointillage.
Georges Seurat: Die Spitze von Hoc, 1885, Tate Gallery, London
Als Seurat von Grandcamp nach Paris zurückkehrte, hatte er sein Wissen vom Bildhaften um eine neue Entdeckung erweitert: den Punkt. Er nimmt sich »La Grande Jatte« wieder vor, um sie ganz nach seiner nun vollständigen Methode zu überarbeiten, denn nun besaß er das, was er die »beiden Ursprünge« nannte (Ästhetik und Technik). Während des ganzen Winters nahm ihn die ins feinste gehende Arbeit des Pointillismus in Anspruch, sie änderte Atmosphäre und Figuren des Werkes. Diese Punkte, die den Zweck haben, das Licht besser zu verteilen, geben dem Bild den feierlichen Anblick von Fresken der Gräber von Karnak bei Theben. Beim Auspunkten einer so großen Fläche mußte Seurat unwillkürlich hypnotischen Schwindel fühlen, ähnlich dem des Mediums Joseph Crepin, der von 1939 bis 1948 eigene Bilder mit »Farbnägeln« bedeckte und dabei die Geschwindigkeit von 1500 Punkten in der Stunde erreichte.
Bald verbreitet sich unter seinen Freunden das Gerücht, daß er den Farbton aufteilte durch Verwendung eines Pinselstriches, der ganz anders ist als der Komma-Strich der Impressionisten. Sein Ateliernachbar Signac übernimmt von ihm diese revolutionäre Art des Malens. Pissarro, der Seurat im Oktober kennenlernt, beginnt seit Anfang des Jahres 1886 pointillierte Bilder zu malen; sein Sohn Lucien und dessen Freund Louis Hayet folgen ihm. Es wurde beschlossen, daß Seurat, Signac sowie Pissarro Vater und Sohn ihre Werke gemeinsam im selben Saal bei der VIII. Ausstellung der Impressionisten zeigen würden, die Degas in der ersten Etage des Maison Dorée in der Rue Laffitte organisierte. Als Renoir, Monet, Sisley und Caillebotte hörten, welcher Art das Bild war, das Seurat auszustellen gedachte, zogen sie sich von der Ausstellung zurück; sie forderten Pissarro auf, dies ebenfalls zu tun, aber er weigerte sich. Nun wollte Degas die Veranstaltung nicht mehr unter die Fittiche des Impressionismus nehmen und fand als neue Bezeichnung VIII. Ausstellung der Malerei. Sie vereinte Zeichnungen von Odilon Redon, Landschaften von Estoppey und Zandomeneghi, Pastelle von Degas, verschiedene Arbeiten von Gauguin, Guillaumin, Forain, Berthe Morisot, Mary Cassatt, und dann kam man zur Ecke, die Seurat, Signac, Pissarro Vater und Sohn vorbehalten war. Doch sahen die Pariser in dieser ganzen Schau nur ein einziges Bild und behielten nur einen Namen: Seurat.
Georges Seurat: Spaziergängerin mit Äffchen. Studie für "Ein Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte". 1884, Smith College Museum of Art, Northampton, Massachusetts
»La Grande Jatte«, die in einem Saal ausgestellt war, in dem man nicht zurücktreten konnte, zwischen »Die Spitze von Hoc« und »Die Reede von Grandcamp«, verursachte Ärgernis. Das Publikum marschierte ununterbrochen daran vorbei und mokierte sich darüber, wie das Bild gemalt war und über die hölzernen Figuren; das Paar mit dem Affen erweckte besonders Heiterkeit. Selbst die naturalistischen Schriftsteller, die Manet gegen alle verteidigt hatten, wandten sich gegen den Neuerer. Huysmans entrüstete sich: »Zuviel Verfahren, Systeme, nicht genug glänzende Flamme, nicht genug Leben!« Octave Mirbeau trauerte: »Ich habe nicht den Mut, vor seinem riesigen, abscheulichen Bild zu lachen, das einer ägyptischen Phantasie gleicht.« Glücklicherweise begeisterten sich einige Besucher, darunter Félix Fénéon, fünfundzwanzig Jahre alt, Angestellter im Kriegsministerium und Chefredakteur der »Revue Independante«. Er war phlegmatisch, eigenwillig, mit einem Hut wie ein Ofenrohr auf dem Kopf und kleinem Kinnbart, er mimte einen Yankee, etwa wie die Karikatur des Onkel Sam. Er begeisterte sich an der Malerei mit Punkten, worin er »eine technisch fruchtbare Reform« sah und stellte seinen beißenden Witz in den Dienst von Seurat (der ihm am 24. Juni 1890 schrieb: »Unter 30 Artikeln, die mich als Neuerer bezeichnen, zähle ich sechs von Ihnen«).
Im selben Jahr begann eine Dichtergruppe in Paris gegen den Naturalismus von Zola und den Goncourts zu kämpfen, und sie gründeten die Schule der Symbolisten, schon bevor Jean Moréas das Manifest des Symbolismus veröffentlichte. Am 18. September 1886 verwies die Zeitschrift »La Vogue« auf Veranlassung von Gustave Kahn auf diese neue Tendenz. Da nun die Naturalisten die Pioniere des Impressionismus unterstützten und Seurat verdammten, fanden es die Symbolisten ganz natürlich, das Entgegengesetzte zu tun. Fénéon kritisierte in der Juninummer von »La Vogue« die Ewiggestrigen, die sich am »Impressionismus festhielten, so wie er schon auf den früheren Ausstellungen zu sehen war«, und analysierte die Kühnheit der Grande Jatte, lobte auch die pointillistischen Landschaften und stellte fest: »Von großem und neuartigem Interesse ist die Ausstellung in der Rue Laffitte; jener lichtdurchflutete Saal, wo in weißen Rahmen die Himmel grenzenlos und flammend sind.« Nach dem Lob von Seurat in »La Vogue«, die kurz danach die »Erleuchtungen« von Rimbaud veröffentlichte, verwundert es nicht, daß der Maler alsbald einem Poeten gleichgesetzt wurde.
Georges Seurat: Anglerin am Ufer der Seine. Studie für "Ein Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte". 1884/85, Privatsammlung
Auch einen anderen Kunstbetrachter, Émile Verhaeren, der gerade seinen ersten Band »Die Flamen« publiziert hatte, begeisterte La Grande Jatte. Er sagt: »Das Unerwartete dieser Kunst stachelte zuerst meine Neugierde an. Keinen Augenblick zweifelte ich an der völligen Aufrichtigkeit und der grundlegenden Neuheit, die sich da offensichtlich vor mir geltend machte. Ich sprach davon abends zu Künstlern; man bedachte mich mit Lachen und mit Spott.« Verhaeren ließ sich nicht entmutigen: »Am nächsten Tag ging ich wieder in die Rue Laffitte. La Grande Jatte erschien mir als ein entscheidender Schritt auf der Suche nach dem echten Licht. Nichts stört, gleichmäßige Atmosphäre, Übergang ohne Hindernis von einer Ebene zur nächsten, und besonders die erstaunliche Durchsichtigkeit der Luft.«
Quelle: Sarane Alexandrian: Seurat (Übersetzt von Arnim Winkler), Gondrom Verlag GmbH, Bindlach, 1994, ISBN 3-8112-1151-X, Seite 29 ff.
CD Info and Scans (Tracklist, Covers, Booklet, Music Samples, Pictures) 50 MB
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Unpack x104.rar and read the file "Download Links.txt" for links to the Flac+Cue+Log Files 2 CDs 6 parts 488 MB
Reposted on July 12, 2014
Hörbeispiel:
Track 1: Gabriel Fauré: Klavierquartett Nr. 1 c-moll, Op. 15 - I. Allegro Molto
7 Kommentare:
Das Ende von CD1 ist abgeschnitten - es stoppt, bevor die Musik endet.
Können Sie bitte erneut rippen? Vielen Dank!
The end of CD1 is indeed cut off too early: actual time is 76'13 and the cd time should be 76'21. This post should be removed and a corrected file reposted.
That would be appreciated.
Just now I re-ripped & re-posted both volumes.
Could you please reupload the second CD? All links are dead! Thank you
Könntest Du erneut hochladen? MEGA?
Hallo, können Sie neu UPLOADEN?
Could you please re-upload it? Thanks !
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